Rot-Schwarz einigt sich auf höhere Steuern

Vizekanzler Michael Spindelegger (re)
Ein Steuerpaket von der Alkoholsteuer bis zur Nova kommt. Ein Treffen der Landeshauptleute am Montag brachte wenig Konkretes.

Neben den Budgetfragen konnten die Koalitionsverhandler in den letzten Tagen einige strittige Punkte ausräumen. Der Stand der Dinge wurde heute den Landeshauptleuten präsentiert (mehr dazu hier).

Verhandlungen am Sonntag

"Ja, es gibt Bewegung und Fortschritte, aber es sind nach wie vor große Lücken zu bedecken. Es fehlen uns noch dreistellige Millionenbeträge“, sagte VP-Staatssekretär Reinhold Lopatka am Sonntag zum KURIER über den Budgetfahrplan. Die SPÖ hält das beim insgesamten Milliarden-Sparbedarf für eine überschaubare Größenordnung und sieht sich einen Riesenschritt weiter auf dem Weg zu einer Neuauflage von Rot-Schwarz. Vor allem das wichtige Budget 2014 sei „eigentlich im Kasten“, freuen sich SPÖler.

Vorangegangen waren am Samstag intensivste Budgetverhandlungen im kleinen Kreis. Herausgekommen ist ein breiter Mix an Sparmaßnahmen auf der Ausgabenseite (bei Beamten, in den einzelnen Ressorts) und neuen Einnahmen – konkret die Erhöhung bestehender Steuern.

Dabei mussten die Budgetverhandler zwei Milliarden Euro für 2014 aufstellen. „Herausfordernd“ seien noch die Jahre 2015 und 2016, wie ein Beteiligter sagte. Das gemeinsame Ziel sei ein strukturelles Nulldefizit 2016, aber nicht einmalig erreicht, sondern dauerhaft gehalten.

Jetzt Chefsache

Segnen Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger die vorliegenden Steuer­ideen ab, könnte demnächst eine Mehrbelastung von bis zu einer Milliarde Euro auf die Steuerzahler zukommen. Aber, und das ist die gute Nachricht, breit gestreut. Denn das rot-schwarze Steuerpaket verlangt nahezu allen Gruppen etwas ab.

Haushalte Die Palette reicht dabei von einer Erhöhung der Tabak- und Alkoholsteuer bis hin zu einer neuerlichen „Anpassung“ bei der Normverbrauchsabgabe (NoVa), die beim Autokauf anfällt.

Wohlhabende Kommen dürfte auch eine Verlängerung der „Solidarabgabe“ für Spitzenverdiener, die erst heuer wirksam wurde. Ebenso werden diverse Ausnahmen und Lücken im Steuerrecht beseitigt oder geschlossen.

Konzerne Weiter eingeschränkt werden soll auch die Gruppenbesteuerung – eine Art Steuerprivileg für international tätige Unternehmen. Strittig ist die Verlängerung der Bankenabgabe, weil sie eng mit der noch zu findenden Lösung für das Milliardengrab Hypo Alpe-Adria zusammenhängt.

Beamte Es gibt eine Einigung beim neuen „Amt der Bundesregierung“, wo die Beamtenagenden zusammengefasst werden. Die Zuständigkeit war noch umstritten. Jetzt wird sie zwischen dem roten Bundeskanzleramt und dem schwarzen Finanzministerium geteiltermaßen wahrgenommen.

Was die Beamtengehälter angeht, bleibt die Regierung hart: Ein Prozent Gehaltsplus für 2014 plus 0,5 Prozent als Einmalzahlung. Im Gegenzug bleibt es bei den automatischen Gehaltsvorrückungen (Biennien).

Privatisierung Im Finanzministerium ist bisher auch die ÖIAG angesiedelt, jene Holding, die die Staatsanteile an Post, Telekom und OMV hält. Die ÖVP will Anteile versilbern, die Gewerkschaft stemmt sich massiv gegen Privatisierungen. Daher soll nur eine Absichtserklärung über die Evaluierung vernünftiger Verkaufsmöglichkeiten in den Koalitionspakt aufgenommen werden.

Steuerreform Wahrscheinlichstes Ergebnis: Man einigt sich auf das Ziel einer größeren Entlastung in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode. Spätestens dann muss auch eine Reform bei der Grund- und Grunderwerbssteuer fertig sein, weil die Höchstgerichte die Einheitswerte als Basis dieser Steuern aufgehoben haben. Hier drohen also auch wieder neue Be-Lastungen.

Großaufgebot im Kanzleramt: Auf Einladung der Bundesregierung treffen am Montag alle Landeshauptleute mit allen Ministern zusammen. Der Zweck des Politgipfels ist klar: Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger informieren über den – weit fortgeschrittenen – Stand der Koalitionsverhandlungen und versuchen das eine oder andere Bund-Länder-Thema zu klären, wobei auch hier schon einiges erledigt wurde: So sollen beispielsweise die Lehrer beim Bund verbleiben, die geforderte „Verländerung“ der Lehrer lehnte die SPÖ ab. Weiter strittig dürfte die Übernahme des Bundes-Haushaltsrechts durch die Länder sein. Wien und Niederösterreich sollen sich hier querlegen. Strittig ist auch, wie hoch der Sparbeitrag der Länder zur Konsolidierung wirklich sein wird. Der Bund will, dass von den fehlenden 18 Milliarden fünf Milliarden die Länder beisteuern. Diese fühlen sich dazu nicht in der Lage.

Je größer die Entfernung von den Wiener Polit-Zirkeln, umso mehr stößt das Getue um die Neuauflage der Regierung auf Unverständnis. Auch in der ÖVP. „Die Leute sagen: Die Regierungsverhandlungen sind schlimmer als der Wahlkampf“, wird dem KURIER von der Basis eines schwarzen Bundeslandes berichtet.

Die ÖVP vermittelt den Eindruck, nicht zu wissen, was sie will. Der eine zieht, der andere bremst. Während sich ÖVP-Chef Michael Spindelegger in Spar- und Reformrhetorik übt, sind es die schwarzen AHS-Lehrer und die Bauern, die am lautesten ihren Status quo verteidigen.

Auch in der Personalpolitik läuft in der ÖVP nicht alles rund. Das Paradebeispiel ist der Umgang mit dem wichtigen Finanzressort.

Seit mehr als einem Jahr will Spindelegger Maria Fekter ablösen. Im Sommer 2012 wollte er ihren Finanzminister-Job, sie sollte dafür eine andere wichtige Position bekommen. Indem Fekter die Rochade vereitelte, fügte sie Spindelegger eine Niederlage zu. „Das hat er ihr nicht verziehen und will sie seither gänzlich los werden“, weiß man in Fekters oberösterreichischer Heimat.

Will Spindelegger Fekters Job immer noch? Oder doch nicht mehr? In der ÖVP heißt es reihum, Spindelegger vermittle den Eindruck von Unentschlossenheit. Unpopuläres wie hohe Staatsschulden, Hypo-Debakel und leere Kassen würden ihn abschrecken, das Prestige und die Macht des Finanzministers würden ihn hingegen anlocken.

Jedenfalls ist die Führung des zentralen Finanzressorts seit mehr als einem Jahr umstritten. Symptomatisch für das Hin und Her: Spindelegger hat Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer nicht nur mit der Führung der Finanzverhandlungen betraut, sondern ihm auch den Posten des Finanzministers in der neuen Regierung angeboten. Pühringer soll eine Zeit lang überlegt haben, er hat sich aber dann doch für Linz entschieden. Das wird dem KURIER aus mehreren ÖVP-Quellen unter und ober der Enns erzählt.

Überlegt wurde auch eine Zeit lang, den politisch und unternehmerisch erfahrenen Herbert Paierl ins Finanzressort zu holen. Der unkonventionelle Steirer hätte frischen Wind in die Regierung und in die ÖVP bringen sollen. Ein Neo gegen die Neos, sozusagen.

Das Führungsvakuum in dem Schlüsselministerium trug – wie auch der Kanzler im kleinen Kreis kritisiert – letztlich auch zu dem Budgetloch-Desaster bei. Man kam nicht umhin, Fekter wieder heran zu ziehen, damit sie die Lage begradige. Ergebnis: Die Ministerin, von der jeder weiß, dass sie auf der Ablöseliste steht, verhandelt die entscheidenden Budgets fürs Nulldefizit.

Rot-Schwarz einigt sich auf höhere Steuern
In Oberösterreich sorgt dies für Kopfschütteln. Dennoch wird sich Oberösterreich künftig mit nur mehr einem Minister –Reinhold Mitterlehner(Bild)– abfinden, weil Pühringer ja das zweite Ressort abgelehnt hat.

Pühringer hat als Landeshauptmann sensationelle Vertrauenswerte und wird die ÖVP 2015 in die Landtagswahl führen.

Die SPÖ dürfte der ÖVP den Wunsch erfüllen, nicht zwei Minister, sondern nur zwei Staatssekretäre einzusparen. Die ÖVP tut sich schwer, ein Ministerium zu streichen, also wird auch die SPÖ das Gesundheitsressort bestehen lassen. Alois Stöger aus der SP-Oberösterreich wird Gesundheitsminister bleiben.

Damit ist das Wissenschaftsministerium auf ÖVP-Seite gerettet, und Karlheinz Töchterle kann ebenfalls bleiben. Tirols Landeshauptmann Günther Platter hat sich gegen Töchterles Ablöse quer gelegt.

Als Favorit für das Landwirtschaftsministerium wird Ex-ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger gehandelt. Der Kärntner wohnt inzwischen in Niederösterreich und hat das mächtige Land hinter sich. Kaltenegger wäre ein Signal, im gesamten ÖVP-Bauernbereich (Bauernbund, Landwirtschaftskammer) eine Verjüngung herbei zu führen.

EU-Wahl

Rot-Schwarz einigt sich auf höhere Steuern
Vorbestraft und mit 12 Monaten bedingt belastet: Ewald Stadler
Die EU-Wahl im Mai 2014 wird ein bundespolitischer Testlauf. Erneut zeichnet sich eine Spaltung des rechten Lagers ab. Der wortgewaltigeEwald Stadler(Bild) wird „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ antreten und der FPÖ im EU-kritischen Spektrum Konkurrenz machen. Stadler führt im Dezember „finale Gespräche“ über die Finanzierung seines Wahlkampfes. Er sei emsig dabei, seine Kandidatur auf die Beine zu stellen. „Ich habe tolle Kandidaten, Sie werden sich wundern, wie gut meine neue Partei wird“, sagt Stadler zum KURIER. Aus dem BZÖ wurde Stadler ausgeschlossen. Sein Kommentar: „Wenn es eine Steigerung von tot gäbe, hieße sie BZÖ.“ Stadler ist derzeit parteiloser EU-Abgeordneter.

Bundespräsident Heinz Fischer reist nicht zu den Trauerfeiern für den verstorbenen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela am Dienstag. Österreich werde durch Bundesratspräsident Reinhard Todt (SPÖ) vertreten, teilte die Sprecherin des Bundespräsidenten, Astrid Salmhofer, der APA am Sonntag mit. Salmhofer verwies auf die laufenden Koalitionsverhandlungen, die sich "im Endstadium" befänden sowie auf eine zeitliche Problematik, weil Fischer bereits am Mittwoch einen Auslandstermin im norddeutschen Lübeck absolviere. Dort soll Fischer bei den Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des 1992 verstorbenen deutschen SPD-Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt in Lübeck die Festrede halten und mit seinem deutschen Amtskollegen Joachim Gauck zusammentreffen.

Die offizielle Trauerfeier für Mandela findet am Dienstag im FNB-Stadion in Johannesburg statt. Zahlreiche ausländische Staatsgäste haben inzwischen ihre Teilnahme zugesagt. Darunter befinden sich UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, US-Präsident Barack Obama mit Ehefrau Michelle sowie die ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush und Bill Clinton, der französische Staatschef Francois Hollande und der deutsche Bundespräsident Gauck, den Fischer in Lübeck treffen soll, sowie Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff.

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