Exorbitant
Laut KURIER-Recherchen führt das geltende Förder-Regime in mehreren Bundesländern dazu, dass Haushalte zu bisweilen absurd hohen Kosten von der öffentlichen Hand mit Breitband-Kabeln versorgt werden.
Ein Beispiel: Im Lavanttal bekommen 2.163 Haushalte einen Anschluss ans Breitbandnetz. Die Steuerzahler haben das 27-Millionen-Euro-Projekt mit fast 14 Millionen Euro gefördert. Und das bedeutet, dass jeder Haushalt rund 6.400 Euro „Stütze“ von den Steuerzahlern erhält.
Noch absurder muten die Anschlusskosten in Gemeinden wie Kals am Großglockner oder von Nikolsdorf in Osttirol an: Hier wurden 19 bzw. 26 Haushalte ans Netz gebracht – zu kolossalen Kosten: Jeder Haushalt bekam von der öffentlichen Hand 40.075 Euro (Kals) bzw. 43.096 Euro (Nikolsdorf) an Förderung zugeschossen. Für den Anschluss ans Breitbandinternet haben die Steuerzahler demnach jeden Haushalt mit einer Summe bedacht, die einem schönen Mittelklasse-Auto entspricht.
Private Telekom-Betreiber wie A1 kritisieren die gelebte Praxis seit Jahren – aus mehreren Gründen.
Da sind zunächst einmal die Auswirkungen auf den Tiefbau-Markt: Während private Anbieter für die Errichtung eines Glasfaseranschlusses in etwa 2.500 Euro pro Anschluss und Haushalt kalkulieren, treiben Errichtungskosten von im Einzelfall bis zu 60.000 Euro pro Anschluss und Haushalt die Preise in der Tiefbau-Branche in die Höhe. Darunter leiden nicht nur die Telekom-Betreiber, sondern alle heimischen Industrie- und Wirtschaftszweige, die bauen.
Auslastung
Ein weiterer Aspekt, der problematisch erscheint: Selbst wenn die Glasfaserkabel einmal im Boden verlegt sind, ist damit nicht gesagt, dass sie selbstverständlich auch verwendet werden.
Laut der offiziellen Statistik der Regulierungsbehörde RTR waren zuletzt nur 300.000 der insgesamt 1,4 Millionen verfügbaren Glasfaser-Anschlüsse aktiv.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Nur jeder fünfte vorhandene bzw. verlegten Glasfaser-Anschluss wird in der Praxis auch verwendet.
Eine Erklärung dafür ist, dass mobiles Internet über Sendemasten und das 5G-Netz mittlerweile sehr stabil verfügbar ist.
So können Haushalte und Unternehmen über die WLan-Würfel, die von Mobilfunk-Unternehmen vertrieben werden, hohe Internet-Geschwindigkeiten erzielen, ohne auf ein fest verlegtes Glasfaserkabel zurückgreifen zu müssen.
Und noch ein Punkt: Es gibt – derzeit – keine rechtliche Verpflichtung für potenzielle Kunden, dass sie sich an ein Glasfaserkabel anschließen lassen müssen, wenn dieses vor ihrer Firmen- oder Haustür verlegt worden ist.
Die Industrie drängt seit geraumer Zeit darauf, die aus ihrer Sicht zu strikte, intransparente und volkswirtschaftlich teure Glasfaser-Doktrin zu beenden.
Dort, wo die Baukosten für Glasfaser besonders hoch sind, solle stattdessen der mobile 5G-Ausbau (mit Sende-Masten) staatlich gefördert werden; dieser sei nicht nur schneller, sondern auch günstiger. „Die Errichtung eines 5-G-Sendemastes, der eine großes Gebiet mit hoher Bandbreite versorgen kann, kostet rund 150.000 Euro“, sagt ein Sprecher von A1.
Daseinsvorsorge
Bleibt die Frage, warum die Politik am Kabel-Verlegen festhält, wenn andere Maßnahmen dieselbe Qualität zu einem niedrigeren Preis und schneller ermöglichen.
Das für den Breitbandausbau zuständige Finanzministerium erklärt die Vorgehensweise – wie im Übrigen auch andere politische Player – damit, dass ländliche Regionen technologisch nicht abgehängt werden dürfen und sollen.
„Der Ausbau mit Förderungsmitteln erfolgt überwiegend in den als ländlich klassifizierten Gemeinden“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber dem KURIER. Man fördere also genau dort, wo ein Ausbau „aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte eigenwirtschaftlich nicht darstellbar ist“.
Für das Finanzressort ist der Ausbau der Breitbandversorgung ein „wesentlicher Baustein des digitalen Wandels“ und von „strategischer Bedeutung für Wachstum und Innovation“. Und in geografisch schwer zugänglichen Gebieten bzw. am flachen Land seien Hausanschlüsse schon „per Definition“ teuer – ansonsten würden die Telekom-Anbieter diese Regionen ja selbst ausbauen.
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