Brandstätters Blick: In Europa seine Heimat finden

Brandstätters Blick: In Europa seine Heimat finden
Erinnerungen und Ausblick an Europa. Den Frieden sichern, die Klimakrise meistern – das geht nur gemeinsam

Diese Wochen hatten wir es wieder : Das Europa der machtvergessenen und machtversessenen Politiker der Nationalstaaten, die nicht verstehen wollen, dass sie die großartigste Idee dieses Kontinents schon wieder verraten haben.

Aber auch sie können mir mein Europa nicht wegnehmen. Das ist meine Heimat, die mir Geschichte, Kultur und Menschen bietet, die mein Leben immer wieder bereichern. Da muss ich akzeptieren, dass sie in Brüssel wieder nur gepackelt haben. Das kann meine Hoffnung auf ein vereintes, friedliches Europa nicht zerstören. Für die weitere Entwicklung unserer Heimat wird es aber entscheidend sein, dass wir verstehen, dass da nach Jahrhunderten der grausamsten Kriege schon so viel erreicht wurde, und dass vieles gefährdet ist, wenn es keine gemeinsamen Lösungen gibt.

 

Brandstätters Blick: In Europa seine Heimat finden

 

Diese Abende in Brüssel werde ich nie vergessen, als wir nach unserem Studium zusammengesessen sind. Junge Leute aus ganz Europa, die in der EU-Kommission gelernt haben, wie die direkte Wirkung von europäischen Bestimmungen das Leben in unterschiedlichen Nationalstaaten verbessern kann. Manchmal blitzte der Gedanke auf, was wir für eine glückliche Gruppe von Menschen waren, die weder Krieg noch Hunger erlebt hatten, die politisch diskutieren konnten, ohne Angst zu haben. Unsere Väter haben vielleicht 40 Jahre davor, in unserem Alter, aufeinander geschossen.

Vertrauen in frühere Feinde

Wir hatten tiefen Respekt vor der Generation, die nur wenige Jahre nach Krieg und Holocaust Versöhnung gelebt haben, und dazu auch noch eine Gemeinschaft konstruiert haben, die bis dahin undenkbar schien – mit dem Verzicht auf nationale Souveränität zugunsten einer größeren Gemeinschaft. Ich bewundere noch heute die Politiker aus jenen Staaten, die unter der deutschen Besatzung gelitten hatten und dann den Aggressoren von gestern Vertrauen entgegenbrachten. Das hat es in der Geschichte in dieser Form noch nie gegeben. Das ist Europa vom Feinsten.

Das Glücksgefühl von Frieden und Freiheit kennen junge Leute heute nicht, es scheint so selbstverständlich zu sein.

Vertrauen in die Zukunft

Heute muss die Überzeugung für ein gemeinsames Europa zusätzliche Motive haben. Wenn Jugendliche für ihre Zukunft demonstrieren – „fridaysforfuture“ ist ja eine Bewegung geworden – dann müssen sie wissen, dass ihnen nur ein vereintes Europa eine gesunde Umwelt garantieren kann. Ein Nationalstaat alleine wird die Dekarbonisierung nicht schaffen, und wenn, dann wäre die Wirkung für den ganzen Kontinent zu gering.

 

Es hätte keinen Sinn, die industrielle Produktion aus Europa zu vertreiben, damit sie woanders noch viel schmutziger weitergeht. Ein umweltfreundlicher Standort Europa muss Klimaschutz und Industrie verbinden, das wird nur innerhalb der Europäischen Union möglich sein, das muss das große Ziel der nächsten EU-Kommission sein.

Dazu kommt der Ausbau der Demokratie. Das Bild der nationalen Politiker, die ihre Köpfe zusammensteckten, um für ihr Land einen Posten herauszuholen, oder einem anderen Land zu schaden, war verheerend. Dagegen muss das EU-Parlament als Versammlung direkt gewählter Abgeordneter aufstehen.

Die Demokratie muss auch Typen wie Nigel Farage ertragen, der sich mit seinen Freunden umdrehte, als im Parlament die Europahymne gespielt wurde. Die beste Antwort auf diese unwürdige Verhalten

des Brexit-Lügners ist die Stärkung

der Rechte des Parlaments.

Die Wahl der Exekutive gehört zu den selbstverständlichen Aufgaben jedes Parlaments, dafür müssen die Abgeordneten in den nächsten fünf Jahren kämpfen. Und für die Direktwahl der Nummer eins der EU-Kommission.

Die Idee der Spitzenkandidaten hat nicht dafür gereicht, dass eine europäische Debatte entstehen konnte: Persönlichkeiten, die von allen EU-Bürgern direkt gewählt werden, könnten ja zu gemeinsamen Diskussionen in der EU führen. Da werden auch die Medien in allen Ländern berichten müssen. Die Europäische Union wächst weiter zusammen, das können weder Farage noch die Nationalpolitiker verhindern.

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