BP-Kandidat Wallentin: "Wildwestmanier" und "kriegswirtschaftsähnliche Zustände"
Tassilo Wallentin ist gegen die Sanktionen und für mehr Diplomatie. Er begreift sich als Patriot und kann dem Gendern nichts abgewinnen, wie er im Interview sagt.
Tassilo Wallentin (48) tritt bei der Hofburg-Wahl an, um „zu gewinnen“, wie er sagt. Der Jurist und langjährige Krone-Kolumnist führte Gespräche mit FPÖ-Chef Herbert Kickl, ehe er sich als unabhängiger Kandidat, finanziell unterstützt von Frank Stronach, für das höchste Amt bewarb.
KURIER: Klimaministerin Leonore Gewessler lässt ein Verbot für Heizschwammerl prüfen. Würden Sie als Bundespräsident ein derartiges Gesetz unterschreiben oder greift es zu sehr in die Freiheitsrechte ein?
Tassilo Wallentin: Grundsätzlich ist das nur eine Symptombekämpfung und natürlich ist das ein Eingriff in die Freiheitsrechte. Die Frage ist ja: Warum sind wir überhaupt in dieser Situation? Wir tragen Sanktionen mit als neutrales Land gegen Russland, die uns jetzt auf den Kopf fallen. Ich habe schon vor acht Jahren als Kolumnist in Hinblick auf den Ukraine-Konflikt geschrieben, dass Sanktionen den Konflikt weder verkürzen noch beenden werden. Und, dass es auf Europa zurückschlagen wird.
Was wäre Ihr Vorschlag gewesen? Als EU in den Krieg ziehen?
Nein, aber die EU war immer stolz darauf, dass sie ein Friedensprojekt ist. Wenn man jetzt hinhört, dann hört man eigentlich nur mehr Kriegsrhetorik. Friedenspolitik ist Realpolitik. Die Wunschlösung wäre, einen Neutralitätsstatus der Ukraine zu etablieren nach dem Vorbild Österreichs, eine Demilitarisierung und ein russischer Truppenabzug.
Was wäre Ihr Zugang: Sanktionen lockern, mehr Diplomatie?
Wir sind als neutrales Land der EU beigetreten, und wenn Neutralität kein Showeffekt ist, dann ist es auch rechtlich möglich, sich an Dingen wie den Sanktionen nicht zu beteiligen. Ich würde die Sanktionen einer Volksabstimmung unterwerfen. Sollen die Österreicher entscheiden, denn letztlich trifft es die Menschen mit der unglaublichen Teuerung. Ich bin dagegen, eine Sanktionspolitik zu betreiben, die offensichtlich nicht zum Ziel führt, sondern zu kriegswirtschaftlichen Zuständen, wie Wifo-Chef Felbermayr sagt. Ich weiß nicht, ob der Ukraine gedient ist, wenn bei uns die Lichter ausgehen.
Bundespräsidentenkandidtat Tassilo Wallentin zu Gast im Checkpoint
Würden Sie als Präsident selbst tätig werden und versuchen, mit Putin Kontakt aufzunehmen?
Sie können nicht in Wildwestmanier einfach Putin anrufen. So etwas muss diplomatisch vorbereitet werden. Es muss eine Abstimmung geben zwischen Hofburg, Ballhausplatz, Parlament und allenfalls den Bürgern. Die Wahrung des Friedens ist jeden Versuch wert.
Eine Konsequenz der Sanktionen sind die gestiegenen Preise. Tut die Regierung genug oder zu viel?
Ich sehe diese Pakete mit einem gewissen Argwohn. Natürlich sind die Beträge für den einzelnen gut. Ein Viertel aller Österreicher hat überhaupt keine Ersparnisse auf dem Konto. Gleichzeitig sind wir ein Hochsteuerland. Ein Durchschnittsverdiener zahlt 50 Prozent Steuern und Abgaben pro Monat. Bald haben wir Zustände wie in der Dritten Welt, das muss man in voller Härte sagen. Ich frage mich, wofür die Menschen die hohen Steuern zahlen. Das generelle Problem ist, dass der Mittelstand erodiert.
… die Wahrheit ist, dass das Geld nichts mehr wert ist. Das hat nicht nur mit dem Krieg zu tun. Das hat mit der Europäischen Zentralbank zu tun. 2008, als Griechenland vor der Pleite stand, hatte man Angst, dass es zu einem Dominoeffekt kommt. Man hat sich entschlossen, die Griechen zu retten – auch, weil deutsche und französische Banken stark involviert waren und Merkel wusste, wenn die Griechen Pleite gehen, dann gehen die deutschen Banken mit und sie verliert die Wahl. Die EZB hat Rettungspakete geschnürt, die nicht funktioniert haben und die Zinsen abgeschafft.
Sie können der Einordnung in ein Links-Rechts-Spektrum nichts abgewinnen. Wo stehen Sie politisch?
Ich habe in den letzten Jahren auch als Journalist bemerkt, dass die großen Fragen unserer Zeit nicht mit links oder rechts gelöst werden können. Die meisten Menschen können mit starren Ideologien nichts anfangen – aus gutem Grund. Ich habe zum Beispiel nie verstanden, warum ein Sozialdemokrat fürs Gendern sein muss.
Gendern Sie?
Nein, ich halte überhaupt nichts vom Gendern. Ich glaube, dass es keiner Frau jemals weitergeholfen hat. Zum anderen glaube ich, dass es unheimlich undemokratisch ist, weil die Sprachentwicklung kulturell passiert und nicht durch irgendwelche Obrigkeitsverordnungen.
Ihr Slogan „Mutig in die neuen Zeiten, einem starken Herzen gleich“ ist der Bundeshymne entlehnt. Singen Sie „Töchter und Söhne“?
Das ist nun mal die offizielle Version. Aber Gegenfrage: Singen Sie „Vaterland, dir Treue schwören“?
Begreifen Sie sich als Patrioten?
Ja.
Geht es nach Ihnen, soll Bargeld in der Verfassung verankert werden. Klimaschutz auch?
Ich würde mir wünschen, dass ein umfassenderer Klimaschutz in die Verfassung kommt. Wenn wir so weitermachen, dann ist Österreich 2050 komplett zugebaut. Das muss gestoppt werden, und das hat nichts mit links oder rechts zu tun.
Fühlen Sie sich momentan von irgendeiner Parlamentspartei vertreten?
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