Zwar wussten die Niederösterreicher, was ihnen blüht. Der entsprechende Erlass trudelte allerdings erst in der Nacht auf Samstag ein. Und das ist nun eines der Argumente dafür, warum sich Wiener Neustadt vom Gesundheitsministerium schlecht behandelt fühlt.
Eben dort hat man nur noch bedingt Verständnis für die ablehnende Haltung von Schneeberger und den Seinen. „Der Herr Bürgermeister bekommt täglich Lagebilder des staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements. Allein die hätten ihn vor Wochen zum Handeln bringen müssen“, erzählt ein Mitglied des Krisenstabs.
Menschen schwindeln beim Nachverfolgen der Kontakte
Als „überfällig“ bezeichnen Experten im Gesundheitsressort daher die Verschärfungen. Und dass auch der Minister selbst nur mäßig Freude an der Selbsteinschätzung der 50.000 Einwohnerstadt hat, lässt sich an seiner offiziellen Wortmeldung ablesen. Bereits am Montag vergangener Woche, so lässt Rudolf Anschober (Grüne) dem KURIER ausrichten, habe man mit Experten und Landeshauptleuten fixiert, dass regionale Covid-19-Brennpunkte bekämpft werden müssten. Und „auch die starke Belastung von Wiener Neustadt ist nichts Neues“, sagt Anschober hörbar verschnupft.
Die Lage ist also einigermaßen vertrackt. Auch deshalb, weil Wiener Neustadt beteuert, man tue ohnehin sein Bestes. So habe man es seit 14 Tagen mit einer verschärften Teststrategie versucht. Das Contact-Tracing scheitert laut Bürgermeister aber daran, „dass die Auskunftsbereitschaft der Covid-positiven Personen stark nachgelassen hat“. Anders gesagt: Die Menschen schwindeln beim Nachverfolgen der Kontakte.
Die Konsequenz all dessen: Zum ersten Mal sind in einer Stadt dieser Größe Ausreisetests gefordert. Wer das Stadtgebiet verlässt, benötigt einen negativen Corona-Test. Ein Antigentest darf dabei nicht älter als 48, ein PCR-Test nicht älter als 72 Stunden sein. Mit 42.000 Ein- und Auspendlern sowie 15.000 Passagieren im öffentlichen Nahverkehr eine erhebliche Herausforderung. Nicht zuletzt deshalb hat die Stadt eine Assistenzanforderung für 300 Mann des Bundesheeres gestellt.
Schneeberger hält die Maßnahmen dennoch für „unverhältnismäßig“. Aktuell gebe es „nur“ 317 Infizierte in der Stadt, das sind 0,7 Prozent der Bevölkerung. „Die Bürger haben nur bedingt Verständnis.“ Und weil die Polizei keine flächendeckenden Kontrollen schafft, wird nur stichprobenartig kontrolliert. Gestraft wird dann erst ab Samstag.
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