Beschäftigungsbonus für Österreicher? Regierung sieht Regelung EU-konform

Kern und Mitterlehner im Pressefoyer nach dem Ministerrat
Ist es EU-rechtlich möglich, neu nach Österreich kommende Arbeitnehmer vom Bonus auszuschließen? Bundeskanzler Kern und Wirtschaftsminister Mitterlehner zeigen sich nach dem Ministerrat zuversichtlich und erwarten sich 160.000 neue Arbeitsplätze. Die EU-Kommission will sich die Regelung anschauen.

Ungeachtet der kleinen Scharmützel der vergangenen Tage hat sich die Koalition nun doch schon jetzt auf den im erneuerten Regierungsprogramm vereinbarten Beschäftigungsbonus verständigt. Zwei Milliarden Euro sollen demnach in die Hand genommen werden, um die Beschäftigung anzukurbeln. Konkret soll gemäß dem heutigen Ministerratsbeschluss Unternehmen für zusätzlich eingestellte Mitarbeiter drei Jahre lang die Hälfte der Lohnnebenkosten erlassen werden. Der Haken an der Sache ist, dass europarechtliche Probleme drohen könnten.

Denn der so genannte "Beschäftigungsbonus" wird nicht für jeden zusätzlich geschaffenen Arbeitsplatz gewährt sondern nur, wenn dieser von bestimmten Gruppen eingenommen wird. Das sind Jobwechsler, Arbeitslose, Absolventen einer österreichischen Ausbildung oder Höherqualifizierte, die über eine Rot-Weiß-Rot-Karte verfügen. Das bedeutet, dass bei der (zusätzlichen) Beschäftigung von Neu-Zuwanderern aus anderen EU-Ländern die Lohnnebenkosten nicht halbiert werden.

Regierung wischt europarechtliche Bedenken vom Tisch

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zeigte sich im Pressefoyer nach dem heutigen Ministerrat aber überzeugt, dass der Beschäftigungsbonus europarechtlich hält. Da man bei der Förderung nicht auf den Wohnort abgestellt habe, handle es sich um eine "durchsetzungsfähige Lösung". Im Ö1-Morgenjournal hatte Kern zuvor einen Vergleich zur deutschen Pkw-Maut gezogen. Auch dort sei eine Konstruktion gewählt worden, die die EU akzeptiert.

Seitens der EU-Kommission hieß es am Dienstag, man werde sich die Regelung anschauen. Solange kein konkreter Vorschlag auf dem Tisch liegt, könne es jedoch keinen Kommentar geben, sagte ein Sprecher. In EU-Kommissionskreisen hieß es weiter dazu, nachdem die Staatsbürgerschaft des Arbeitnehmers offenbar kein Kriterium sei, würde es sich wohl nicht um eine direkte Diskriminierung von anderen EU-Bürgern handeln. Österreich müsste gegenüber der EU-Kommission darlegen, dass es mit dem Beschäftigungsbonus ein legitimes Ziel verfolge oder bestimmte drängende Gründe von öffentlichem Interesse eine solche Maßnahme rechtfertigen würden.

Vor allem zugewanderte Arbeitnehmer profitierten

Kern verwies nach dem Ministerrat erneut darauf, dass der größte Zuwachs an Jobs in den vergangenen Jahren zugewanderten Arbeitnehmern zugutegekommen sei, während die Arbeitslosigkeit insgesamt gestiegen sei. Wenn der Staat nun zwei Mrd. Euro zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in die Hand nehme, müsse man nun auch punktgenau vorgehen.

Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verteidigte nochmals die Regelung, wonach neu zuwandernde Arbeitskräfte vom Bonus ausgeschlossen sind. Hier gebe es einen entsprechenden Gestaltungsspielraum.

Inhaber der Rot-Weiß-Rot-Karte inbegriffen

Klargestellt wurde von Kern, dass der Bonus mit der Halbierung der Lohnnebenkosten für zusätzliche Arbeitsplätze nicht unbefristet läuft, sondern fürs erste nur so lange, bis die dafür budgetierten zwei Mrd. aufgebraucht sind. Ihm wäre es lieber, wenn dies sehr schnell geschehe, was nicht bedeuten würde, dass die Arbeitslosigkeit rasch gesunken sei. Evaluiert wird der Bonus jedenfalls nach zwei Jahren. Dann soll entschieden werden, ob die Maßnahme allenfalls verlängert werden könnte. Weiter laufen würde der Bonus fürs erste aber auch bei einer Beendigung. Denn garantiert ist, dass die schon genehmigte Lohnnebenkostenhalbierung für die zusätzlichen Arbeitsplätze drei Jahre lang läuft.

Kern bestritt zudem, dass er ursprünglich geplant habe, den Bonus nur für die Anstellung von Arbeitslosen zu vergeben. Die einzige Gruppe, die jetzt noch dazu gekommen sei, seien Inhaber der Rot-Weiß-Rot-Karte. Mitterlehner hatte dagegen vor dem Ministerrat für seine Partei reklamiert, dass entgegen den ursprünglich kolportierten Plänen nun z.B. auch die Aufnahme von Lehrlingen gefördert werde. Die ÖVP habe hier eine Änderung der ursprünglichen Kern-Pläne erreicht.

Große Erwartungen

Groß sind jedenfalls die Erwartungen, was der Bonus für die Beschäftigung zusätzlicher Arbeitskräfte bringen soll. Mitterlehner geht von rund 160.000 Arbeitsplätzen über drei Jahre gerechnet aus. Seinen Berechnungen zufolge würde sich ein Unternehmen pro Arbeitnehmer und Jahr etwa 4.000 Euro an Lohnnebenkosten ersparen. Voraussetzung, um überhaupt den Bonus lukrieren zu können, ist, dass die neu eingestellten Arbeitskräfte zumindest 6 Monate in Beschäftigung bleiben.

"Bo­nus könnte zum Fiasko für Firmen werden"

Wenn der Staat bis zu drei Milliarden Euro in die Hand nimmt, um mehr Jobs zu schaffen, sollten davon vor allem Österreicher profitieren, befindet Kanzler Christian Kern. Sein Vorschlag, wie das gehen könnte, ohne EU-Recht zu verletzen, hat gleich wieder zu koalitionären Sticheleien geführt und die Hoffnung gedämpft, dass diese Regierung bis Herbst 2018 hält. Bereits im großen Sonntag-KURIER-Interview vor einer Woche kündigte der SPÖ-Chef den geplanten Kurswechsel an. Denn von den fast 345.000 Jobs, die seit 2008 geschaffen wurden, konnten nur 65.000 Österreicher, aber 280.000 Nicht-Österreicher profitieren.

Mit dem "Beschäftigungsbonus" sollen die Lohnnebenkosten für zusätzliche Beschäftigte drei Jahre lang gefördert werden. Dazu muss das Unternehmen einen Beschäftigungszuwachs gegenüber dem Zeitpunkt der Antragstellung nachweisen. Geplant ist, dass der Staat dann die Hälfte der Lohnnebenkosten übernimmt.

Gefördert werden soll demnach, wenn eine beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos gemeldete Person, ein Abgänger einer österreichischen Ausbildungseinrichtung oder ein Jobwechsler angestellt wird.

VP-Malus für SP-Bonus

Das hatte ursprünglich allerdings noch anders geklungen: Kanzler Kern hatte seinen Vorschlag vergangenen Sonntag in der Kronenzeitung lanciert, da war allerdings keine Rede von Jobwechslern oder Lehrlingen, die ebenfalls von der Maßnahme profitieren sollen.

Die ÖVP forderte umgehend, die Förderung auch diesen Personen zugutekommen zu lassen, damit nicht etwa ein Lehrling gegenüber einem Arbeitslosen bei der Jobsuche benachteiligt wird. Am Montag folgte dann die Präzisierung des Kanzleramts, nicht nur als arbeitslos gemeldete Personen sollen profitieren, sondern auch "Abgänger einer österreichischen Ausbildungseinrichtung" sowie Jobwechsler.

"Erfreulich, dass Kanzler auf ÖVP-Vorschlag einlenkt", kommentierte ÖVP-General Werner Amon gallig. Das Kanzleramt replizierte: Es war immer vorgesehen, dass auch Jobwechsler und Lehrlinge von der Förderung profitieren. Kerns Vorschlag sei medial nur verkürzt wiedergegeben worden.

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