"Bei manchen Tendenz, Streit zu suchen, statt sich auf Arbeitsmühen einzulassen"

Leichtfried will den Zugang zu Österreichs Arbeitsmarkt beschränken.
Infrastrukturminister Jörg Leichtfried über den "Neustart" der Koalition und das rote EU-Papier.

Das "E" in seinem "Plan A", die Europapolitik, habe Kanzler Christian Kern ausgespart, monierten Polit-Konkurrenten nach dessen Grundsatzrede. Und so ließ Kern vergangenen Sonntag wissen, dass in seiner Partei ein EU-Konzept erstellt werde – von Infrastrukturminister Jörg Leichtfried, der im EU-Parlament saß, und vom ehemaligen Regierungschef Franz Vranitzky. Mitte März soll das Papier präsentiert werden. Was ist zu erwarten?

"Einige Staaten haben sich aus der Solidarität verabschiedet – Stichworte: Verteilung von Flüchtlingen, Ausländer-Maut in Deutschland, Netto-Empfänger, die Steuerdumping betreiben. Wir werden Vorschläge erarbeiten, wie man Missstände beseitigen kann, wie es wieder fairen Umgang miteinander statt wachsenden Egoismus und Nationalismus geben kann", sagt Leichtfried.

Dass Kern den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt für Bürger ärmerer EU-Staaten einschränken will, befürwortet er: "Das ist die legitime Antwort auf die mangelnde Solidarität mancher EU-Staaten." Dass damit an einem Grundpfeiler der Union – der Personenfreizügigkeit – gerüttelt wird, ist Leichtfried bewusst: "Dann muss man auf EU-Ebene über eine Regeländerung diskutieren."

Störende Tendenz

Wie beurteilt er die koalitionäre Lage? Wird der "Neustart" gelingen? "Die Zusammenarbeit funktioniert grundsätzlich gut, aber es gibt Ausnahmen, bei denen es schwierig ist." Ohne Namen zu nennen, befindet Leichtfried: "Bei manchen stört mich die Tendenz, Streit zu suchen, statt sich auf die Mühen der Arbeit einzulassen." Den Vorhalt der ÖVP, die SPÖ betreibe Dirty Campaigning gegen Sebastian Kurz, kommentiert er sarkastisch: "Die ÖVP kommuniziert mit sich selbst – und lässt die anderen davon wissen."

Inhaltlich ortet Leichtfried – mit Verweis auf Kerns Rede und jene des ÖVP-Finanzministers – etliche Überschneidungen: "Die Grundthese – die Wirtschaft besser aufzustellen und Arbeitsplätze zu schaffen – teilen wir. Da lässt sich einiges umsetzen." Ist er wie Hans Jörg Schelling dafür, Firmen, die Jobs schaffen, weniger Körperschaftssteuer abzuverlangen als derzeit? "Im Plan A verfolgen wir einen anderen Ansatz. Wir zielen auf 200.000 zusätzliche Arbeitsplätze ab. Dafür senken wir die Lohnnebenkosten massiv. Das hilft Klein- und Mittelbetrieben, Start Ups und der Industrie. Da müsste die ÖVP mitkönnen."

Trotz des ÖVP-Nein zu neuen Steuern bleibt Leichtfried dabei: "Bei Großkonzernen und großen Vermögen haben wir Handlungsbedarf." Auch andere Steuersystem-Änderungen dürften nicht tabu sein – "wenn sie ökosozial sind. Bei der Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene kann man mit Anreizen oder Negativ-Anreizen arbeiten, etwa mit einem ökologischen Mautsystem. Generell muss mehr in den öffentlichen Verkehr investiert werden."

"Große Übereinstimmung" sieht Leichtfried in der Energiepolitik: "Österreich zu einem energieautarken Land zu machen, indem wir stärker auf Windkraft, Wasserkraft und Sonnenenergie setzen, ginge mit der ÖVP gut."

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