Aus für Pflichtmitgliedschaft wird zum ersten Zankapfel in der ÖVP

WKÖ-Präsident Christoph Leitl, AK-Präsident Rudi Kaske
Sozialpartner: ÖVP-Innenminister für Urabstimmungen in Kammer-Frage. AK & WKO lehnen ab und schießen zurück.

Innenminister Wolfgang Sobotka hat die Tür für Befragungen zur Pflichtmitgliedschaft in den Kammern geöffnet. Mitgliederbefragungen oder Urabstimmungen gelten in der ÖVP als möglicher Kompromiss mit den Freiheitlichen in dieser für Strache & Co wichtigen Frage.

Doch Sobotka findet bisher keine Unterstützung, auch nicht in den eigenen Reihen. Spitzenvertreter von Arbeiter- und Wirtschaftskammer reagieren ablehnend auf seinen Vorstoß.

Sobotka, der auch ÖAAB-Landeschef in Niederösterreich ist, sagte im KURIER prinzipiell für alle Kammern: "Wichtig ist, dass die Akzeptanz groß und die Effizienz (der Organisation) gegeben ist. Die Form der Mitgliedschaft ist dann eher eine Stilfrage." Pflichtmitgliedschaften hält Sobotka ganz generell für "problematisch". Man solle "im breiten Konsens" diskutieren, wohin die Reise geht und "beispielsweise die Leute befragen, wie sie das sehen".

Seitens der Arbeiterkammer meldeten sich am Freitag Präsident Rudolf Kaske und der schwarze AK-Tirol-Chef Erwin Zangerl vom ÖAAB zu Wort. Kaske erinnert an die hohe Zufriedenheit seiner Mitglieder in allen bisherigen Befragungen und deponiert: "Wer die AK schwächen will, trifft in Wahrheit die kleinen Leute." Zangerl kritisiert Sobotka direkt: "Wir werden uns sicher nicht gefallen lassen, als Faustpfand für irgendwelche Koalitionsverhandlungen herzuhalten. Wir haben die klare Zusage des ÖVP-Parteiobmannes, die er vor der Wahl zur Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer und zum Erhalt der AK-Umlage abgegeben hat. Gegenteilige Zurufe einzelner Akteure innerhalb der ÖVP sind deshalb kontraproduktiv, weil man damit dem eigenen Parteiobmann in den Rücken fällt."

Auch seitens der Wirtschaftskammer, wo der ÖVP-Wirtschaftsbund das Sagen hat, hält sich die Begeisterung über Sobotkas Statement in Grenzen. Kammerpräsident Christoph Leitl sagt: "Wenn Sobotka ein Problem hat, soll er sagen, worin es besteht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit der Wirtschaftskammer ein Problem hat." Leitls Landespräsidenten Walter Ruck (Wien) und Josef Herk (Steiermark) tönen ähnlich.

Herk erinnert an die Reform WKO 4.0, die den Unternehmen eine Entlastung von 100 Millionen bringen soll. Und erinnert die Kammer-Kritiker: "Messt uns an unseren Taten! Wir zählen allein in der Steiermark jährlich mehr als 60.000 Bildungs- und 88.000 Servicekunden. Leistungen, die ohne eine Pflichtmitgliedschaft nicht möglich wären."

Ruck wird politischer: "Die gesetzliche Mitgliedschaft als einer der Grundpfeiler der Zweiten Republik bewährt sich auch heute noch tagtäglich. Sie eignet sich nicht, um Schlagzeilen im Nachwahlkampf zu generieren."

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