Aus für Pflegeregress: Ansturm auf Heime?

Im Pflegeheim "Frohsinn" in Zwettl
Nach dem Aus für Regress ab 2018 warnen Länder vor Platz-, Preis-, Qualitätsproblemen

Was versteht man unter dem Pflegeregress, der nun abgeschafft wurde?

Man versteht darunter den Zugriff des Staates auf das Vermögen von Pflegeheim-Bewohnern. Wenn Pension und Pflegegeld nicht zur Deckung der Heimkosten ausreichen, greifen die Bundesländer auf das Privatvermögen des Heimbewohners (Eigenheim, Erspartes, Lebensversicherung) zu. Etwa in dem das Land bei der Eigentumswohnung ins Grundbuch geht. Die SPÖ wetterte schon lange gegen diese Art der "Enteignung" und jubelt nun umso lauter, da die Abschaffung gemeinsam mit der ÖVP gelungen ist.

Wieviele Menschen profitieren davon?

Derzeit wird bei rund 40.000 Bewohnern von Pflegeheimen auf das Privatvermögen zugegriffen. Ab 2018 soll das der Vergangenheit angehören. In etwa 75.000 Menschen sind in Pflegeheimen untergebracht, Tendenz steigend. Rund 455.000 Menschen beziehen hierzulande Pflegegeld.

Was kostet das Aus des Pflegeregresses den Staat? Haben sich SPÖ und ÖVP auf eine Finanzierung geeinigt?

Die Noch-Regierung schießt den für die Pflege zuständigen Bundesländern ab 2018 jedes Jahr 100 Mio. Euro zu, damit diese eben nicht mehr auf das Privatvermögen von Heimbewohnern zugreifen. So lautet die Vereinbarung. Experten bezweifeln, dass es mit diesen 100 Millionen getan sein wird. Im Sozialministerium sind bisher immer 200 Millionen Euro an Kosten für das Aus des Pflegeregresses genannt worden. Unklar ist aber bereits, wie die 100 Millionen finanziert werden sollen.

Im Rahmen der nächsten Budgetverhandlungen soll das geklärt werden. Das werde noch vor der Wahl am 15. Oktober sein, glaubt man im Sozialministerium. Noch am Dienstag hatte ÖVP-Chef Sebastian Kurz gemeint, dass er ohne konkrete Gegenfinanzierung der Abschaffung des Regresses nicht zustimmen könne.

Sind mit dem Ende des Regresses alle glücklich?

Nein. In den Bundesländern gibt es naturgemäß die Sorge, dass man auf den Mehrkosten – also über die vom Bund gezahlten 100 Millionen Euro – sitzen bleibt.

Außerdem wird ein Ansturm auf die Heime, einhergehend mit einem künftigen Platzmangel, befürchtet. Die Heim-Versorgung der Pflegebedürftigen kommt die Länder natürlich wesentlich teurer als die (Gratis-)Pflege daheim durch Familienangehörige. Die Neos weisen auf diesen Umstand hin und fordern einen Systemwechsel – beispielsweise hin zu mehr mobiler Pflege daheim.

Welche negativen Auswirkungen kann das Aus für den Pflegeregress also konkret haben?

Niederösterreichs Soziallandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) oder der Salzburger Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) begrüßen zwar das Aus für den Regress, warnen aber gleichzeitig vor den logischen Begleitproblemen.

Nämlich, dass den Ländern künftig Geld für andere Sozialleistungen fehlen wird. Und, dass der erwartbare Zustrom in die stationäre Versorgung in den Heimen, nicht nur zu einem Platzmangel sondern auch zu einem Qualitätsproblem führen könnte. Schellhorn: "Beispiele aus anderen Bundesländern haben gezeigt, dass ein Wegfall von Vermögenzugriffen zu einem "Run" auf die Seniorenwohnhäuser geführt hat."

Auch Schwarz sagt, es sei "von erheblichen Zusatzkosten auszugehen, weil als Konsequenz mit einer erhöhten Nachfrage nach stationärer Pflege zu rechnen ist". Sprich, das Heim-System wird deutlich teurer.

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