Aus für Amtsgeheimnis auch am VfGH: „Eine sehr gute Idee“

Aus für Amtsgeheimnis auch am VfGH: „Eine sehr gute Idee“
Rechtsexperte Heinz Mayer befürwortet die politische Einigung von Türkis und Grün und fordere das seit 30 Jahren. Warum eigentlich?

Gleich zwei große Überraschungen gab es diese Woche: Zum einen gab die Volkspartei ihren Widerstand gegen einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt auf. Geschaffen werden solle eine weisungsfreigestellte, entpolitisierte oberste Staatsanwaltschaft. Das zuständige Justizministerium werde dieses Vorhaben so rasch wie möglich in Angriff nehmen, kündigt Vizekanzler Werner Kogler, der aktuell in Vertretung von Alma Zadic (Grüne) die Justiz-Agenden betreut, an.

Offen ist, wie dieser bestellt werden soll. Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer erklärte am Samstag im Ö1-Mittagsjournal, sie plädiere für den Vorschlag der Vereinigung der Staatsanwälte. Deren Vorsitzende Cornelia Koller hatte vorgeschlagen, dass eine vom Bundespräsidenten eingesetzte Kommission mit Experten aus der Justiz den geplanten Bundesstaatsanwalt einsetzt.

Alles wird öffentlich

Zum anderen gibt es nun grünes Licht für ein umfassendes Transparenz-Paket. Das Amtsgeheimnis wird aus der Verfassung gestrichen und stattdessen ein Grundrecht auf Zugang zu Information geschaffen. Das heißt: Derzeit ist alles geheim, nur Ausgewähltes darf veröffentlicht werden. Künftig ist alles öffentlich, und nur Bestimmtes ist geheim – etwa wenn es um den Schutz personenbezogener Daten geht.

Spannend dabei ist, was unter Rechtsgelehrten durchaus als Kulturbruch gesehen wird: Transparenter sollen auch Entscheidungen des Verfassungsgerichts werden: Die Abstimmung unter den  Richtern ist geheim. Künftig soll ein Höchstrichter, der anders gestimmt hat als die Mehrheit („Dissenting Opinion“), seine Argumente veröffentlichen dürfen.

Ist das auch eine gute Idee?

„Es ist sogar eine sehr gute Idee“, urteilt Heinz Mayer, Universitätsprofessor an der Uni Wien und ehemaliger Dekan. Er fordere das seit dreißig Jahren, so wie schon viele vor ihm.

Warum?

„Weil aus meiner Sicht das Niveau gehoben werden und viel Unfug unterbunden werden kann. In Deutschland, wo es dieses Instrument am Bundesverfassungsgericht schon lange gibt, reicht oftmals schon die Ankündigung eines Richters, seine abweichende Meinung kundtun zu wollen.“

Warum hat es das so lange gedauert?

„Offiziell hat man gesagt, dass der Gerichtshof seiner eigenen Autorität schaden könnte, wenn eine wichtige Entscheidung nicht einstimmig, sondern nur mit Mehrheit getroffen wird“, erklärt der Experte. „Ich glaube aber, dass heutzutage kein Mensch mehr glauben wird, dass in strittigen Fragen einstimmig entschieden wird, also können wir auch nicht weiter so tun, als würde der Gerichtshof entscheiden, und nicht die Mehrheit der Richter.“

Am Montag geht das Transparenz-Paket in Begutachtung. Ein Beschluss im Parlament vor dem Sommer ist wahrscheinlich.

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