Aus für Aktion 20.000 schlägt hohe Wellen

Norbert Darabos
Die SPÖ kritisierte das vorzeitige Ende der Maßnahme. Darabos will nun die Landes-Sozialreferenten für die Aktion gewinnen.

Das von der Regierung angekündigte vorzeitige Aus für die Aktion 20.000 schlägt hohe Wellen. Massive Kritik kommt aus der SPÖ und auch Vertreter der Sozialwirtschaft zeigten sich am Mittwoch "sehr unglücklich über das überstürzte Ende der Aktion 20.000". Der burgenländische Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ) will die Landes-Sozialreferenten für die Aktion gewinnen.

Die SPÖ Niederösterreich hat in einem Pressegespräch am Mittwoch das vorzeitige Ende für die Aktion 20.000 kritisiert. Die schwarz-blaue Bundesregierung "nimmt älteren Arbeitslosen die Chance, am Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen", so Landesparteivorsitzender Landesrat Franz Schnabl. Das Thema stehe bei der SPÖ-Präsidiumsklausur in Maria Taferl (Bezirk Melk) am Donnerstag ganz oben auf der Tagesordnung, kündigte er an.

Beschäftigungsanreize setzen

4.000 langzeitarbeitslose Über-50-Jährige hätten allein in Niederösterreich im Rahmen der Aktion Beschäftigung finden sollen. Seit Beginn der Pilotphase im Juli des Vorjahres seien in der Modellregion des Bundeslandes, dem Bezirk Baden, 101 Dienstverhältnisse geschaffen worden. Nun sei die Aktion 20.000 in einer "Nacht- und Nebelaktion" per Umlaufbeschluss knapp vor dem geplanten offiziellen, flächendeckenden Start Anfang 2018 ausgesetzt worden, kritisierte Schnabl. Es sei ein Gebot der Stunde, gerade in diesem Bereich Beschäftigungsanreize zu setzen.

Andreas Kollross, SPÖ-Bürgermeister von Trumau, kritisierte im Pressegespräch, das vorzeitige Ende der Aktion "lässt Betroffene und Gemeinden im Regen stehen". In der Marktgemeinde waren mit Juli sieben Stellen entstanden. "Maßlos enttäuscht" zeigte sich Karin Baier, SPÖ-Stadtchefin von Schwechat. Dort sollten im Rahmen der Aktion Anfang 2018 etwa 35 bis 40 Stellen - in der Verwaltung, am Bauhof oder in der Gärtnerei - geschaffen werden.

"Unsoziale Maßnahmen"

"Die Politik von Schwarz-Blau ist eine, die sich nun auch gegen Arbeitslose richtet. Sie zerstört Chancen und verstärkt Armut", warf der SPÖ-Landesparteivorsitzende der neuen Bundesregierung "unsoziale Maßnahmen" vor. Kritik übte der Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 28. Jänner auch an Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Die Landeshauptfrau kann sich parteiintern offenbar kein Gehör mehr verschaffen und sich nicht durchsetzen", dadurch setze sie für das Bundesland "existenzielle Projekte und die Perspektiven vieler Niederösterreicher aufs Spiel".

In Kärnten hätten nach dem Roll-out der Aktion 20.000 rund 1.000 Personen - ein Drittel der im Jahresschnitt 3.000 älteren Arbeitslosen - einen Job bekommen sollen. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Arbeitsmarktreferentin LHStv. Gabi Schaunig (SPÖ) hatten gestern in einer Pressemitteilung erklärt, es sei ein "Schlag ins Gesicht dieser 1.000 Menschen in Kärnten", dass die neue Bundesregierung die Aktion 20.000 - eine der sinnvollsten sozialpolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre - "am letzten Tag des alten Jahres zu Grabe getragen hat". Die Aktion zu beenden sie nicht nur sozialpolitisch unverantwortlich, "sondern auch volkswirtschaftlicher Unfug". In der Pilotphase der Aktion 20.000 seien im Raum Villach von August bis Dezember 141 Personen in Beschäftigung gebracht worden, für 24 weitere lägen vertragliche Zusagen vor. Darüber hinaus gebe es in der Pilotregion aktuell 152 offene Plätze, die nach dem Roll-out der Aktion sofort überregional hätten besetzt werden können.

Schulterschluss aller Bundesländer

Der burgenländische Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ) will einen Schulterschluss aller Bundesländer gegen die Aussetzung der Aktion 20.000 erreichen. Er werde noch heute einen offenen Brief, mit der Bitte für den Fortbestand der Initiative einzutreten, an seine Länderkollegen schicken, teilte Darabos am Mittwoch per Aussendung mit.

Das Ziel sei eine breite politische Mehrheit und eine gemeinsame Resolution in Richtung der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung, dass die Aktion 20.000 wie geplant über einen längeren Zeitraum getestet werden soll. Er werde das Thema auch bei der nächsten Sozialreferenten-Konferenz der Länder zur Sprache bringen, meinte Darabos. Die neue Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) forderte er auf, keine "Placebo-Politik" zu betreiben und sich hinter die Initiative für Langzeitarbeitslose zu stellen.

Neue Wege finden

Die Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), der Verband der - meist gemeinnützigen - österreichischen Sozial- und Gesundheitsbetriebe appelliert am Mittwoch an die Regierung, so rasch wie möglich mit den beteiligten Stakeholdern nach Wegen zu suchen, wie die Intentionen der Aktion 20.000 nachhaltig -möglicherweise mit veränderten Instrumenten- verwirklicht werden können.

Die ersten praktischen Erfahrungen mit im Rahmen der Aktion Beschäftigten seien vielversprechend, wie die Rückmeldungen der betroffenen Betriebe bei der SWÖ gezeigt hätten, so Verbandvorsitzender Erich Fenninger am Mittwoch in einer Aussendung. "Von einer Entspannung der Lage älterer Langzeitarbeitsloser kann noch keine Rede sein. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit letztes Jahr ist von einem sehr hohen Niveau erfolgt." Es gebe immerhin noch immer fast 450.000 Arbeitslose in Österreich, im Sozial- und Gesundheitsbereich sie die Arbeitslosigkeit sogar gestiegen.

Hoffnung auf bessere Konjunktur

"Auch wenn die Aktion 20.000 durchaus auch ihre Schwachpunkte hatte, ist ihr Ansatz Langzeitarbeitslose mittels konkreter Beschäftigung zu integrieren vollkommen richtig", sagt SWÖ-Geschäftsführer Walter Marschitz. "Die Hoffung auf bessere Konjunktur und Qualifizierungsmaßnahmen allein werden die Probleme in diesem Bereich nicht lösen können."

Der Präsident des österreichischen Gemeindebundes, Alfred Riedl, erklärte im "ORF-Morgenjournal", er sei als Steuerzahler der Meinung, dass es sinnvoll sei, immer wieder nachzudenken, ob Förderaktionen in diesem Umfang oder in diesem Ausmaß Sinn machten.

IHS-Chef Martin Kocher twitterte gestern puncto Aktion 20.000 und Beschäftigungsbonus, es gebe gute Argumente für Beibehalten, aber auch für Sistieren. Wichtiger sei jedoch: Wieviel werde in Lohnnebenkostensenkung und Arbeitnehmerqualifikation investiert?

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