Auf der Balkan-Route Richtung EU-Präsidentschaft
Die zweite Regierungsklausur beginnt, wie man es von Türkis-Blau gewohnt ist, und zwar durchgeplant bis ins kleinste Detail. Bereits als die Minister Sonntagmittag bei strahlendem Sonnenschein nach und nach im Hotel Schlosspark-Mauerbach nahe Wien eintrudeln, ist klar: Sprechen wird hier vorerst nur, wer etwas zur für den heutigen Regieplan vorgesehenen Botschaft beizutragen hat (abgesehen von einer für die FPÖ lästigen Affäre).
Und zum Auftakt der Klausur, bei der die im Juli beginnende EU-Ratspräsidentschaft diskutiert werden soll, ist das von Türkis-Blau vorgegebene Thema fix: Migration. Also warnen Innenminister Herbert und der für EU-Agenden zuständige Kanzleramtsminister Gernot Blümel vor einem neuerlichen Flüchtlingsstrom über den Balkan. Schon Stunden zuvor hat Kickl in Medien steigende Asylzahlen in Südosteuropa platziert, Außenministerin Karin Kneissl sendet später via ORF eine gleichlautende Warnung aus und Kanzler Kurz erklärt schließlich, dass man sich „aus aktuellem Anlass“ der illegalen Migration gen Mitteleuropa widmen müsse. Damit rückt er sein Thema, die Schließung der Balkanroute, wieder in den Fokus.
Diesen „aktuellen Anlass“ begründet er wie folgt: In Griechenland seien derzeit stark steigende Asyl-Ankunftszahlen (144 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, heuer kamen 18.000 Migranten) zu verzeichnen. Diese, vor allem Pakistani, kämen über eine vom Kanzleramt als „Albanien-Route“ bezeichnete Strecke über Serbien, Bosnien, Kroatien und Slowenien nach Österreich. Sollten die Zahlen steigen, so Kurz und Kickl, werde man die österreichische Grenze anders als 2015 schließen. Kurz trifft daher kommende Woche den Premierminister Albaniens, Innenminister Kickl will telefonisch mit seinen Amtskollegen am Balkan besprechen, wie man im Falle einer größeren Asylbewegung zu handeln gedenke. Der Grenzschutz werde zentrales Thema des Ratsvorsitzes sein.
Faktum ist allerdings: In Österreich gab es zuletzt um gut 40 Prozent weniger Asylanträge als im Vorjahr. Zahlen des Außenamtes bescheinigen leichte Steigerungen am Balkan: So kommen täglich rund 100 Flüchtlinge nach Bosnien, Anfang des Jahres seien es nur halb so viele gewesen – detto in Slowenien. Kurz kalmiert selbst: „Es gibt keinen Grund, alarmistisch zu sein – aus meiner Sicht ist es aber eine hohe Zahl, daher müssen wir früh gegensteuern“. Wann genau der kritische Punkt erreicht ist, an dem Grenze und die „Albanien-Route“ abgeriegelt werden, konnten aber weder Kurz, noch Strache oder Kickl erklären.
Zu Ende geht die Klausur heute passend zum Asyl-Schwerpunkt: Die Regierung will nämlich ihr neues Mindestsicherungs-Modell präsentieren – mitsamt Kürzung für Flüchtlinge, wie es heißt.
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