Anti-Israel-Rufe: Staatsanwältin winkt ab

Der Spruch „From the river to the sea, Palestine will be free“ wird seit Oktober bei Pro-Palästina-Demos in ganz Österreich gerufen. Seither wird auch darüber diskutiert, wie diese Parole juristisch eingeordnet werden soll.
Nach anfänglichem Zögern haben sich Justiz- und Innenministerium vor wenigen Wochen grundsätzlich darauf verständigt, dass der Slogan im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober als Aufforderung zu einer terroristischen Straftat (Paragraf 282a StGB) oder Gutheißung einer solchen zu sehen ist. Der Grund: weil damit auch der Aufruf zur Auslöschung des Staates Israel mitschwinge.
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Bislang sind nach solchen Ausrufen bei den Demonstrationen etwa 90 Anzeigen des Verfassungsschutzes bei den Staatsanwaltschaften in den betroffenen Bundesländern eingelangt, zusätzlich wurden 400 Verwaltungsanzeigen gelegt. Der Umgang bei den Anklagebehörden ist allerdings höchst unterschiedlich, eine gemeinsame Linie gibt es nicht.
Wiener Neustadt hat eingestellt
Vor wenigen Tagen hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen einen Mann eingestellt, obwohl er bei einer Demo am 25. November in Wiener Neustadt die Parole lautstark skandiert hatte. Ermittelt wurde wegen des Verdachts der Gutheißung terroristischer Straftaten. Allerdings ohne Konsequenzen.
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Die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ ist in den 1960er-Jahren von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) eingeführt worden. Es wurde damit dem Wunsch bzw. der Forderung noch einem Großstaat Palästina vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer Ausdruck verliehen. Verbunden damit das Ende der „israelischen Besatzung“ jenes Gebietes, das die Palästinenser als ihr Land ansehen.
Die Parole wurde von den verschiedensten palästinensischen Gruppierungen aufgegriffen – auch von der Terrororganisation Hamas. Die Israelis haben in diesem Spruch immer die Forderung nach der Auslöschung des Staates Israel gesehen. Dementsprechend sensibel wurde darauf reagiert.
Wieder ins Blickfeld geraten ist diese Parole bei den propalästinensischen Demos nach dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Seither wird in Europa darüber diskutiert, ob das Rufen der Parole strafbar ist. In Deutschland gilt der Slogan teilweise als Terror-Kennzeichen und als strafbar, in den Niederlanden wird er als Aufruf zur Gewalt eingestuft.
Eigene Interpretation
In der Begründung der Staatsanwältin heißt es, dass dem Beschuldigten die „subjektive Tatseite“ nicht nachgewiesen werden konnte. Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Markus Bauer gegenüber dem KURIER erklärt, war der Nachweis der Handlung selbst kein Problem. Entsprechende Beweise lagen vor. Daher war es eindeutig, dass der Beschuldigte die Äußerungen im Zuge der Kundgebung auch tatsächlich getätigt hat.
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Allerdings habe er sich glaubhaft verantworten können, dass kein Vorsatz bestanden habe, eine terroristische Straftat gutzuheißen, so Bauer. Er habe die Parole anders interpretiert. „Nämlich nicht so, dass der israelische Staat ausgelöscht werden muss, sondern dass alle Religionen und Nationalitäten gemeinsam in dem Land parallel existieren können“, schildert Bauer.
Der Kontext ist wichtig
Dies reichte der zuständigen Staatsanwältin, um das Verfahren einzustellen. Bauer betont, dass jede dieser Anzeigen einzeln für sich geprüft werden müsse, „in welchem Kontext die Äußerungen genau fallen“.

Innsbruck führt mehrere Verfahren
In den Reihen der Exekutive sorgt diese Entscheidung dennoch für Kopfschütteln. Noch dazu, wo etwa in Innsbruck diese Verfahren sehr wohl geführt werden. Außerdem habe man den expliziten Auftrag, auf solche Parolen mit Anzeigen zu reagieren.
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Roland Scherscher, Leiter des NÖ Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), erklärt dazu nur: Man werde auch weiterhin bei den Demos das Skandieren der besagten Parole rigoros mit Anzeigen ahnden.
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