Ein A4-Zettel (oder auch A3), auf dem Infektionskurven oder Balken mit Altersverteilungen ausgedruckt wurden.
Ein Taferl mit einer Österreich-Karte, das die Standorte der Drive-in-Teststationen zeigt.
Ein Pappaufsteller eines Babyelefanten, der uns daran erinnern soll, dass es immer noch klug ist, einen Meter Abstand zu halten.
Bei Gesundheitsminister Rudolf Anschober gibt es kaum eine Pressekonferenz ohne ein visuelles Hilfsmittel - nur selten kommt der Grüne mit leeren Händen.
Das ist mittlerweile zu seinem Markenzeichen geworden - und dem Minister übrigens selbst eingefallen, heißt es aus seinem Büro. Schon zu seiner Zeit als Landesrat in Oberösterreich habe er gerne "etwas hergezeigt".
Was dahintersteckt und was das bringt? Darüber hat der KURIER mit dem Politologen Peter Filzmaier gesprochen.
Das Stichwort "Taferl" weckt Erinnerungen an den früheren FPÖ- bzw. BZÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Er hat das Taferl aber nicht erfunden, sagt Filzmaier, das sei ein "österreichischer Aberglaube".
Der Erfinder des Taferl heiße Ross Perot. Der Selfmade-Milliardär hat 1992 als unabhängiger Kandidat für die US-Präsidentschaftswahl kandidiert und dabei das beachtliche Ergebnis von 18,9 Prozent der Stimmen erreicht.
Perot nutzte seine Taferl und andere Druckwerke im Wahlkampf - und zwar als Zusatzelement, erklärt Filzmaier: "Anstatt nur dazustehen und etwas zu erzählen, zeigt man etwas her, das den Menschen dann in Erinnerung bleibt."
Politiker auf der ganzen Welt hätten das von ihm abgekupfert - das Taferl wurde mal mehr, mal weniger genutzt, irgendwann habe sich die Idee abgenutzt und das Taferl sei eher belächelt worden.
Halbwahrheiten auf Papier
Durch Haider bekam das Taferl eine ganz spezielle Rolle: Vorzugsweise zeigte er seine Taferl in TV-Live-Diskussionen her. Abgebildet war darauf oft nur ein einzelner Aspekt eines Themas.
Zum Beispiel, wie viel ein bestimmter Arbeiterkämmer monatlich - dank mehrerer Funktionen - damals verdiente. Es war klar, dass nicht alle Funktionäre so viel verdienen - aber Haider hat damit ein Symbol platziert, erklärt Filzmaier. "Es waren Halbwahrheiten, auf die der politische Gegner in der Diskussion meistens keinen Konter aus dem Ärmel schütteln konnte."
Nach den Diskussionen wurde die Halbwahrheit meist aufgedeckt - das Bild blieb aber in den Köpfen der Menschen picken. "Die mündlichen Korrekturen waren Haider dann relativ egal."
"Das kann ja niemand lesen"
Anschober nutzt das Taferl beziehungsweise den A4- oder A3-Ausdruck anders. Er zeigt bei Pressekonferenzen Daten und Fakten zur Corona-Pandemie her. Das aber nur "semi-professionell", sagt Filzmaier - und spricht aus, was viele TV-Zuschauer und Journalisten vor Ort denken: "Das kann ja niemand lesen."
Die ausgedruckten Zettel sind aus der Entfernung kaum zu entziffern, nur schemenhaft erkennt man Kurven und Balken.
Warum zeigt er sie dann überhaupt her? Filzmaier glaubt nicht, dass die Zettel "nur Show" sind oder er sie absichtlich schlecht präsentiert. Der Minister habe sich mittlerweile verbessert: Immer öfter hält er besser aufbereitete Taferl hoch - eben zuletzt jene zu den Drive-in-Stationen.
Die Visualisierung von Daten sei durchaus eine gute Idee. "Gerade in Zeiten der Pandemie, wo es viel komplexes Datenmaterial gibt, ist es sinnvoll, sie greifbar und allgemein verständlich darzustellen. Es braucht ein Symbol: Wo stehen wir?"
Filzmaier, Grandseigneur der TV-Wahlanalysen, weiß: "Wenn ich ein Wahlergebnis einfach nur vorlese, wird mir niemand folgen können. Die grafische Darstellung mit den Balken hat sich bewährt." Er spricht sich dafür aus, dass die Aufbereitung von Datenmaterial nicht nur von der Politik, sondern auch von Medien weiter professionalisiert wird.
Und auch Bürger sollten in der Lage sein, mit solchen Daten umzugehen. "Eine Grafik ist, wie ein Bild, immer nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit. Ein mündiger Mensch muss das einordnen können." Sonst falle man weiter auf Schmähs à la Haider hinein.
ÖVP nutzt lieber Bildschirme
Was den grünen Anschober betrifft - so finden seine Taferl in der Regierung keine Nachahmer. Im Büro von Innenminister Karl Nehammer nachgefragt, heißt es, man habe zwar überlegt, ob er auch einmal Zettel zu einer Pressekonferenz mitbringen soll.
Man nutze zur Visualisierung von Daten aber lieber einen Bildschirm - aus Gründen der besseren Lesbarkeit. Das sei aber keine Kritik. Jeder hat eben seinen eigenen Stil.
Kommentare