U-Ausschuss wird „Elch-Test“ für die ÖVP unter Nehammer. Seine eigene Linie fehlt noch, aber der Umfrage-Absturz wurde gestoppt.
09.01.22, 05:01
Mit 23 Prozent laut repräsentativer KURIER/OGM-Umfrage startete Bundeskanzler Karl Nehammer ins neue Jahr. Die SPÖ liegt zwar leicht vor der ÖVP, doch den weiteren Absturz der Türkisen konnte Nehammer fürs Erste stoppen.
Viel Zeit bleibt Nehammer aber nicht, das Ruder herumzureißen. Anfang 2023 stehen für die ÖVP gleich mehrere wichtige Landtagswahlen an. In Niederösterreich, Tirol, Salzburg und Kärnten geht man zu den Wahlurnen. In Niederösterreich muss Johanna Mikl-Leitner die absolute Mehrheit verteidigen.
In Tirol stürzte die ÖVP laut jüngster Umfragen von 44 auf 32 Prozent ab. „Für die ÖVP kommt jetzt eine entscheidende Phase“, sagt Politikberater Thomas Hofer. Dementsprechend groß ist Nervosität unter den Landeshauptleuten. Was sind die wichtigsten Punkte?
Handschrift entwickeln
„Den Start hat Nehammer gut gemeistert. Er hat nicht mehr das Blaue vom Himmel in Bezug auf die Pandemie versprochen und nicht gegenüber den Grünen provoziert. Doch bald muss er Ausrufezeichen setzen – das ist auch parteiintern wichtig“, sagt Hofer.
Nur den „defensiven Moderator der Regierung zu spielen“, werde den ÖVP-Granden nicht reichen. Sprich: Der neue ÖVP-Chef muss eine Linie entwickeln, wofür die ÖVP unter Nehammer abseits der Pandemiebewältigung steht. Noch ist keine erkennbar.
Inhaltlich müsse Nehammer das Kurz-Erbe bei den Themen Sicherheit und Zuwanderung weiterführen, aber auch bei Sozialthemen wie Pflege Akzente setzen, um der SPÖ das Wasser abzugraben.
Grüne in den Griff bekommen
Mehr Kante wird Nehammer gegenüber den Grünen zeigen müssen, die zuletzt Oberwasser in der Koalition hatten (Stichwort Stopp des Lobautunnels). „Es entspricht nicht dem Selbstverständnis der ÖVP, Gewessler und Zadic einfach machen zu lassen“, so Hofer. Gleichzeitig seien gemeinsame Projekte wichtig, um der Bevölkerung zu zeigen, die Koalition könne auch Erfolge vorweisen.
ÖVP-U-Ausschuss
Ein Elchtest für Nehammer wird der ÖVP-U-Ausschuss. „Die Opposition wird bemüht sein, Korruption als strukturelles Problem der ÖVP darzustellen“, meint Hofer. Dazu kommt Thomas Schmids Feststellung, die ÖVP sei „die Hure der Reichen“. Hofer: „So ein Satz pickt.“ Nehammers Aussage, dass die ÖVP kein Korruptionsproblem habe, hält der Politikberater für missglückt. „Nehammer muss in die Offensive gehen und neue Regelungen für gläserne Parteifinanzen und Regierungsinserate präsentieren.“
Kommentare