Hoher Anteil externer FH-Lektoren in der Kritik
Noch nie waren so viel Studierende an den Fachhochschulen in Österreich inskribiert. Jährlich steigt die Zahl, 2016 waren es mehr als 50.000 Menschen. Die FH ist beliebt und ihre Studenten sind laut Studierendensozialerhebung 2015 "in allen Dimensionen zufriedener als Studierende anderer Sektoren" - also Studenten an der Uni oder Pädagogischen Hochschulen. Das mag viele Gründe haben, einer beinhaltet mit großer Wahrscheinlichkeit den Bezug zur Praxis.
Während die Unis ihre Forschungsstärke betonen und mit scharfen Worten ihr Promotionsrecht verteidigen, werben die Fachhochschulen mit ihrer engen Verbindung zwischen Theorie und Praxis; mit Absolventen, die in Unternehmen bereits Praktika absolviert haben; und mit Lehrenden, die beruflich außerhalb der Hochschule tätig sind, zum Beispiel Manager, Journalisten oder Sozialarbeiter.
Das macht die Fachhochschulen zum Liebling der Wirtschaft.
Mehr als 90 Prozent Externe
Doch der Anteil der externen Lektoren sei mittlerweile "zu hoch", kritisiert Sigrid Maurer, Wissenschaftssprecherin der Grünen. "85 Prozent des wissenschaftlichen FH-Personals sind nebenberuflich angestellt, also extern. Nur 15 Prozent gehören zum hauptberuflichen Stammpersonal", erklärt die Grüne, die den Personalstand von 20 der 21 FH in Österreich ausgewertet hat - die Theresianische Militärakademie hat sich geweigert, den Personalstand zu übermitteln.
Dem KURIER liegen die restlichen Zahlen vor.
So beschäftigen die FH des bfi Wien, das MCI Management Center Innsbruck und die Ferdinand Porsche FernFH zum Beispiel den geringsten Stammpersonalanteil. Mehr als 90 Prozent der Lehrenden sind Externe, also nebenbeschäftigt angestellt. Teils über ein befristetes Dienstverhältnis, einen Werk- oder freien Dienstvertrag. Sie übernehmen fast zwei Drittel aller Semesterstunden. Als Kontrast dient die FH Kärnten. Hier liegt der Eigen-Lehr-Quote bei 58 Prozent, der Anteil am externen Lektoren bei 79 Prozent.
Wer einen Lehrauftrag bekommt, entscheidet die Fachhochschule vollkommen autonom. Eine gesetzliche Regelung, die die Anzahl der Externen limitieren könnte, gibt es nicht. Festgeschrieben ist nur, dass Nebenberufliche ausschließlich für die Lehre eingesetzt werden dürfen. Und das nur in einem Ausmaß von sechs Semesterwochenstunden.
"Nur weil jemand ein Supermanager ist, bedeutet das nicht, dass er auch ein Super-Lehrender ist."
Zwar sei es sinnvoll, dass Praktiker an den Fachhochschulen lehren, "es ist sogar erwünscht", erklärt die Grün-Abgeordnete Maurer. "Wenn Fachhochschulen aber wirklich Forschung betreiben wollen, braucht es mehr wissenschaftliches Stammpersonal." Die Qualifikation des Personals müsse zudem verbessert werden. Externe Lektoren hätten eine lockere Bindung zur FH und seien oft nicht ausreichend qualifiziert, weil für ihre Einstellung keine standardisierten Qualifikationen wie eine pädagogische Ausbildung nötig sind, sagt Maurer. "Nur weil jemand ein Supermanager ist, bedeutet das nicht, dass er auch ein Super-Lehrender ist."
"Externe waren, sind und bleiben wichtig"
Die Österreichische Fachhochschulkonferenz (FHK) sieht das freilich anders. FHK-Generalsekretär Kurt Koleznik wurde vom KURIER mit den Zahlen konfrontiert und erklärte, dass man über den Anteil der Nebenberufler zwar diskutieren könne, "aber Externe waren, sind und bleiben wichtig für das Profil der Fachhochschulen. Wir setzen auf die Expertise von Personen, die auch den Konnex zur Wirtschaft haben."
Dass die Qualität von Lehre und Forschung darunter leiden könnte, wenn der Personalstand an einer FH eine externe Schlagseite hat, verneint er. "Wir nehmen die, die gute Lehrende und gute Manager sind", kontert Koleznik der Grünen Maurer und verweist zugleich auf die gesetzlich vorgeschriebene Qualitätssicherung. "Alle Fachhochschulen wurden akkreditiert und sind staatlich anerkannt. In regelmäßigen Abständen werden die Hochschulen überprüft und bekommen immer ein OK."
Ziele werden nicht bewertet
Tatsächlich werden öffentliche Universitäten und Fachhochschulen durch externe Begutachter kontrolliert, beispielsweise durch die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ). Aber die Qualität per se wird nicht kontrolliert. "Wir gehen davon aus, dass alle Hochschulen in der Lage sind, ihre Qualität selbstverantwortlich zu steuern", sagt AQ-Bereichsleiterin Dietlinde Kastelliz dem KURIER. "Wir schauen, ob Ziele gesetzt wurden und ob die geplanten Maßnahmen dabei helfen können, diese auch zu erreichen."
Beurteilt werden Ziele bei den sogenannten "Audits" nicht, "die Zielsetzung ist den Fachhochschulen überlassen", betont Kastelliz. Die Expertin weist aber darauf hin, dass es bei Überprüfungen durch die AQ noch keinen einzigen Fall gegeben hat, dass Standards nicht erfüllt wurden. "Wenn etwas nicht passt, erteilen wir Auflagen, die geklärt werden müssen. Alle von uns überprüften Hochschulen wurden zertifiziert", sagt sie.
Klar sei allerdings, dass die Fachhochschulen vor der "riesigen Herausforderung" stehen, ihre Ziele dem externen Personal, das wöchentlich nur für wenige Stunden an einer FH lehrt, klar und deutlich zu vermitteln. "Wenn das nicht klappt, können Wunsch und Wirklichkeit sehr schnell massiv divergieren."
Hinweis des Autors: Wir können gerne über das Thema des Artikels ("Personalstand an der FH") diskutieren. Sie erreichen mich unter der E-Mail-Adresse juergen.klatzer@kurier.at.
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