Akten-Leaks: "Inakzeptabler Angriff auf Pressefreiheit und Demokratie“
Geht es nach der ÖVP und um nicht öffentliche Ermittlungsverfahren, soll künftig "alles getan werden, um Leaks in den Medien zu vermeiden“, so ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Postwendend lässt die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer wissen, die derzeitige gesetzliche Regelung sei "aus grüner Sicht ausreichend“.
Aus Sicht von Fritz Hausjell, stv. Vorstand am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Uni Wien, ist das Ansinnen der ÖVP "nicht gerechtfertigt“ und mutet nach "Anlassgesetzgebung“ an. Viele Journalisten, die investigativ arbeiten, würden sich nicht auf den Abdruck von ihnen zugespielten Akten beschränken, sondern deren Echtheit prüfen, ergänzende Stellungnahmen einholen. "Ein Verbot des Abdrucks von Ermittlungsakten würde zwangsläufig das Redaktionsgeheimnis extrem schmälern.“
Hausjell erinnert an ein Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs, das das Redaktionsgeheimnis "als ein besonders hohes Rechtsgut eingestuft hat, das für die Kritik- und Kontrollfunktion des Journalismus essenziell ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses auf Wunsch der größten Regierungspartei so einfach massiv beschnitten werden kann, ohne dass es zu heftigem Widerstand von mehreren Seiten kommt.“
Verursacherprinzip
Ein Straftatbestand, "der die Medien generell verpflichtet, über Informationen, die aus der Verletzung der Verschwiegenheit durch Amtsträger bzw. Beamte resultieren, nicht zu berichten, ist aus Gründen der Pressefreiheit nicht wünschenswert“, sagt Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Zeitungen, zum KURIER. "Wenn Informationen aus Ermittlungsakten geleakt werden, dann sollte nach dem Verursacherprinzip – also bei der Politik selbst oder der Verwaltung – angesetzt werden.“
Ein solches Verbot würde laut Hausjell "auch der journalistischen Kontrolle der Justiz erheblich schaden. Wenn Verfahren infolge politischer Weisungen verschleppt oder niedergeschlagen werden, wie soll Journalismus künftig den Beweis erbringen können, dass in der Justiz etwas nicht korrekt läuft? Journalismus braucht dieses Recht, interne Dokumente zu veröffentlichen, um auf Missstände aufmerksam zu machen.“ Hausjell hält das Vorhaben ergo für einen „gravierenden Rückschritt“, etwaige Strafen will er sich "gar nicht ausmalen“.
Kritik übt auch Eike-Clemens Kullmann, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft: „Journalisten bestrafen zu wollen, wenn sie aus Akten in Ermittlungsverfahren zitieren, stellt einen inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit und damit unsere Demokratie dar.“
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