Österreichs kommende Regierung muss ein Sparpaket schnüren. Das war bereits vor der Nationalratswahl Tenor sämtlicher, relevanter Ökonomen. Österreichs Schuldenquote, also die Staatsverschuldung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), liegt nur noch knapp unter 80 Prozent. Und es wird nicht besser: IHS und WIFO prognostizieren für heuer ein Budgetdefizit von 3,5 bis 3,7 % des BIP, für kommendes Jahr 3,4 bis 4 %.
Damit liegt Österreich konstant über den EU-Maastricht-Kriterien von 3 % des BIP. Absehbar ist, dass uns die EU-Kommission im Sommer 2025 einen Sparpfad verordnen wird, um die Ausgaben wieder in Griff zu bekommen. Einsparungen von bis zu drei Milliarden Euro pro Jahr sind realistisch. Hält man die "EU-Fiskalregeln" nicht ein, drohen theoretisch Strafzahlungen. Exekutiert hat die EU Verstöße gegen Maastricht de facto aber noch nie.
Kucsera: "Keinesfalls Steuern erhöhen"
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erklärt das hohe Defizit mit der schrumpfenden Wirtschaft oder zusätzlichen Ausgaben für die Hochwasserkatastrophe. Ökonom Dénes Kucsera, vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria, sieht wiederum ein strukturelles Problem: "Im Vergleich zu anderen EU-Staaten sind Österreichs Ausgaben einfach zu hoch. Deshalb sollte die nächste Regierung keinesfalls Steuern erhöhen, sondern sich die Ausgabenseite anschauen."
2023 hatte Österreich laut Eurostat mit 52,1 % die fünfthöchste Staatsquote in der EU. Heißt: Die fünfthöchsten Staatsausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Damit liegt man deutlich über dem EU-Durchschnitt von 49,9 %. Wohin fließt das Geld? Die Daten zu 2022 zeigen: Österreich gibt am meisten, nämlich 20,6 % des BIP, für die "Soziale Sicherung" aus – und liegt auch hier im EU-Spitzenfeld. Unter diesen Posten fallen etwa die Pensionen, Kosten für altersbedingte Pflege oder die Mindestsicherung.
Beinahe 30 Milliarden Euro muss der Staat heuer aus dem Budget zuschießen, um das Pensionssystem zu finanzieren. Das entspricht etwa einem Drittel seiner Einnahmen. Ausgabentendenz: steigend. Das Thema "Pensionsreform" brachte, mit Ausnahme der Neos, im Wahlkampf dennoch kaum jemand vor.
Warnung vor "italienischen Verhältnissen"
Kucsera befürchtet, dass die Nachfolgeregierung von Türkis-Grün nur "mikroskopische und keine strukturellen" Sparmaßnahmen ergreift. Eigentlich sei eine große Pensionsreform, vor allem eine Anpassung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung, unausweichlich, betont der Ökonom. Und auch sinnvoll: "Sparen im Pensionssystem und bei Förderungen sind jene Maßnahmen bei einer Budgetkonsolidierung, die am wenigsten wirtschaftsschädlich wirken."
Seine Befürchtung: Dass die nächste Regierung das Budget mit kurzfristigen Einsparungen unter das Defizit von 3 % "rettet". "Mein Optimismus, dass es tatsachlich zu strukturellen Reformen kommt, hält sich in Grenzen. Ganz unabhängig davon, zu welcher Regierungskonstellation es kommt", meint Kucsera.
Er warnt: "Wird das Ausgabenproblem nicht strukturell gelöst, drohen Österreich auf lange Sicht italienische Verhältnisse." Hieße: massive Staatsverschuldung, hohe Zinskosten, schlechte Ratings.
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