Ade, Löwelstraße: SPÖ bereitet sich auf einen Auszug vor

Traditionsadresse: "Die Löwelstraße" ist zum Synonym für die SPÖ geworden.
SPÖ-Management stellt in Abrede, dass Baupolizei Druck macht.

„Wenn man ‚die Löwelstraße‘ sagt, bezeichnet man damit nicht nur einen Ort, eine x-beliebige Wiener Straße im 1. Bezirk. Man meint das Haus Löwelstraße 18 und damit die ‚Sozialdemokratische Partei Österreichs‘.“

Wer erahnen will, welche Bedeutung die SPÖ als Österreichs älteste Partei ihrer Parteizentrale beimisst, der muss nur auf der Homepage der Partei nachlesen. Seit 1945 ist „Löwelstraße 18“ de facto das Synonym für die Partei.

Doch das könnte sich möglicherweise noch in diesem Jahr ändern. Denn die Bundespartei muss sich ernsthaft mit dem Gedanken anfreunden, das gesamte Haus, in dem man 3.181 Quadratmeter Bürofläche nutzt, zu räumen. In der letzten Präsidiumssitzung der SPÖ wurde ein Thema angesprochen, das die Roten seit Jahren beschäftigt: die Zentrale ist baufällig.

„Der Zustand der Immobilie ist seit vielen, vielen Jahren ein ständiges Thema bei uns“, erzählt ein früheres Präsidiumsmitglied, das seinen Namen nicht öffentlich lesen will. Nunmehr habe sich die Lage offenkundig verschärft, die Substanz sei so angegriffen, dass die Baupolizei bei allem Wohlwollen nicht mehr viel länger zuschauen werde.

Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch stellt das scharf in Abrede. Dass sich die SPÖ nun ernsthaft überlege, aus der Löwelstraße auszuziehen, habe „rein gar nichts mit einer Behörde oder gar der Baupolizei zu tun“.

Seine Darstellung ist diese: Die Partei überlegt sich nach der Pandemie und den Erfahrungen mit dem Homeoffice, wie man in Zukunft als Bewegung arbeiten wolle. „Wir erstellen mit professioneller Begleitung gerade ein Konzept, wie eine moderne Parteizentrale mit modernen Arbeitsplätzen aussehen könnte“, sagt Deutsch zum KURIER. „Das kann am Standort Löwelstraße sein, das muss es aber nicht. Der Prozess ist völlig ergebnisoffen.“

Das klingt nicht danach, als würde man mit allen Mitteln gegen einen Abschied aus der Löwelstraße kämpfen.

Vor allem aber stellt sich noch eine andere Frage: Warum sollte die derzeit größte Oppositionspartei freiwillig aus einer Immobilie ausziehen, in der sie so billig zur Miete wohnt wie nirgendwo sonst?

Billigstmiete

Dazu muss man wissen: Das Haus Löwelstraße 18 / Teinfaltstraße 11 ist im Eigentum der Stadt Wien. Diese vermietet das Objekt seit 1927 an die SPÖ, die sich im Gegenzug um die Instandhaltung kümmert. Der letzte kolportierte Mietpreis beträgt 4,27 Euro pro Quadratmeter – in dieser Top-Lage ist heute das Sieben- bis Zehnfache marktüblich, immerhin befindet man sich hinter dem Burgtheater am Ring.

Die billige Miete ist rechtlich in Ordnung, das bestätigen auch Experten wie der auf Parteienfinanzierung spezialisierte Hubert Sickinger. In der SPÖ ärgert man sich aber über etwas anderes: Die SPÖ hätte sich schon vor Jahren von der Stadt Wien aus dem günstigen Mietvertrag herauskaufen lassen können. Genau das hat die überschuldete ÖVP in den 1990er Jahren mit der Parteizentrale im Palais Todesco (Kärntner Straße) gemacht. Sie stieg freiwillig aus dem alten Mietvertrag aus. Im Gegenzug bekam sie 6,6 Millionen Euro.

Für die SPÖ ist diese Option de facto gestorben. Denn der Zustand der Löwelstraße soll so schlecht sein, dass die Partei sie entweder sanieren oder räumen muss. Fürs Sanieren ist kein Geld da. Doch wenn die SPÖ ohnehin ausziehen muss, kann die Stadt Wien schwer argumentieren, warum man dem Mieter einen Vertragsausstieg abkauft.

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