2.600 Euro ohne Arbeit: "Gift für eine Gesellschaft"
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat in der ZiB2 am Mittwoch Stellung zur Reform der Mindestsicherung genommen. Diese zielt laut Regierung darauf ab, stärkere Anreize zum (wieder) Arbeiten zu geben. Aber auch die Zuwanderung nach Österreich will Türkis-Blau damit weniger attraktiv machen.
Schon während des Ministerrats am Mittwoch hatten Caritas und Diakonie scharfe Kritik am türkis-blauen Vorhaben geübt. Mit den Kürzungen für Familien, die ab dem dritten Kind nur mehr 43 Euro zusätzlich bekommen sollen, würde Türkis-Blau "kinderreiche Familien zurücklassen und ihnen eine Teilnahme am gesellschaftlichen Miteinander verwehren", sagte Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter. Arme Kinder hätten schon bisher weniger Chancen. "Wenn wir den Gürtel hier nochmals enger schnallen, wird der Alltag für diese Kinder noch viel schwerer. Unserem Staat muss jedes Kind gleich viel wert sein", warnte Wachter.
Kurz verteidigt neue Mindestsicherung
Bisherige Mindestsicherung für Kurz "absurd"
Kurz konterte darauf angesprochen in der ZiB2 mit dem Beispiel eines "Verkäufers, der in Österreich arbeiten geht und 1.600 Euro netto verdient, verheiratet ist – seine Frau ist zuhause – und drei Kinder hat. Das ist ein Arbeitnehmer mit 1.600 Euro. Dieser kommt mit Familienbeihilfe und dem 13./14. Gehalt auf 2.500 Euro netto pro Monat. Eine Familie in Mindestsicherung mit drei Kindern kommt derzeit in dem alten Modell auf eine höhere Summe, nämlich 2.600 Euro pro Monat."
Die zweite Familie würde "besser aussteigen", das sei "absurd", sagte der Kanzler. Die Regierung habe bereits den sogenannten Familienbonus eingeführt, der Verkäufer aus seinem Beispiel komme damit nun auf 2.700 Euro für seine Familie.
Bei kinderreichen Familien "kürzen wir ein Stück weit", räumte Kurz ein. Das neue Modell sei aber "mehr als nur gerecht", denn wer arbeiten gehe, "darf nicht der Dumme sein". Bisher komme es vor, dass eine kinderreiche Familie, in der niemand arbeite, mehr bekommen könne als eine Familie, in der ein Elternteil einen Vollzeit-Job habe. Kurz: "Das ist doch Gift für eine Gesellschaft."
Die Caritas hatte am Mittwoch auch das Festmachen der Mindestsicherungsbezüge an Deutschkenntnissen kritisiert. "Damit die Menschen hier in Österreich möglichst rasch auf eigenen Beinen stehen, ist es hilfreich, Deutsch zu lernen. Allerdings widerspricht es sich, Sprachkurse zu kürzen und gleichzeitig Sprachkenntnisse als Bedingung an Sozialleistungen zu knüpfen", erinnerte Caritas-Generalsekretär an bereits beschlossene Einsparungen der Regierung.
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