Kern: "Liebe Genossen, Ihr schaut großartig aus"

Kern: "Liebe Genossen, Ihr schaut großartig aus"
Bei seinem ersten Auftritt als SP-Parteichef bei Mai-Feierlichkeiten am Wiener Rathausplatz forderte Christian Kern Geschlosseneheit und stimmte seine Anhänger gegen die FPÖ ein.

Der Wiener Rathausplatz stand am Montag wieder im Mittelpunkt der Mai-Feierlichkeiten der Sozialdemokraten und mit ihnen Christian Kerns Premierenauftritt als Parteichef. Im Vorjahr war das rote "Hochamt" von zahlreichen Protesten überschattet, die in weiterer Folge zum Rücktritt von Werner Faymann als Parteichef und Bundeskanzler führten. So weit wird es bei Kern zwar nicht kommen, aber seine Premiere am Wiener Rathausplatz hat sich der Kanzler anders vorgestellt.

Denn die Kundgebung zum "Tag der Arbeit" war vom Wiener Landesparteitag und den schlechten Ergebnissen für Landesparteichef Michael Häupl und das Präsidium überschattet. Das Thema ließen die Redner aber freilich aus. Kern erwähnte den Landesparteitag nur am Rande seiner Rede. Vielmehr bemühte er sich, die Partei zu einen. Die Partei, so stellte Kern klar, habe Krisen immer dann gemeistert, wenn man zusammengestanden sei. Darauf hofft der Kanzler nun erneut, wie er den zehntausenden Menschen am Rathausplatz sagte: "Das ist das, was ihr euch erwarten dürft und das ist auch das, was ich mir erwarte. Wir werden gemeinsam erfolgreich sein, oder wir werden nicht gemeinsam erfolgreich sein."

Überhaupt sei der politische Gegner nicht in der Partei selbst zu finden, sagte der SPÖ-Chef. Man dürfe den Blauen nicht "den Schlüssel zum Bundeskanzleramt überlassen. Wir lassen uns nicht zerstören, was wir gemeinsam erreicht haben."

Kern: "Liebe Genossen, Ihr schaut großartig aus"

Im Großen und Ganzen war es ein ruhiger Festakt für Kern. Lediglich Jugendvertreter übten, wie schon beim Parteitag, Kritik an seine Politik. Auf ein Transparent der Sozialistischen Jugend - mit der Aufschrift "Rote Schale, schwarzer Kern" - ging der Angesprochene auch in seiner Rede ein. Er diskutiere gerne über den Kern seiner Politik, versicherte er - wobei eine Einladung ins Kanzleramt folgte sowie die Beteuerung: "Bei uns wird niemand ausgeschlossen, auch keine freche Jugendorganisation."

Bei der Schlusskundgebung ergriffen auch Wiens Vizebürgermeisterin und SPÖ-Frauenchefin Renate Brauner, ÖGB-Präsident Erich Foglar und Häupl ergriffen das Wort. "Es werden sehr harte Wahlauseinandersetzungen sein. Wahlauseinandersetzungen die von unserer Seite geprägt werden müssen von den Grundwerten der Sozialdemokratie. (...) Nur wenn die Menschen wissen wofür die Sozialdemokratie steht, dann wird man uns auch wählen", sagte Häupl.

Die seit Monaten andauernden Turbulenzen in der Wiener SPÖ sind bei weitem nicht die einzige Baustelle der Sozialdemokraten. Auch in anderen Länderorganisationen ist die Situation nicht gerade harmonisch. Horte der Stabilität sind derzeit Kärnten und Burgenland. Probleme gibt es vor allem im Westen, und die neuen Kräfte in Nieder- und Oberösterreich müssen sich auch erst bewähren.

WIEN

Die wichtigste Länderpartei der SPÖ ist seit Monaten durch einen Führungsstreit gelähmt. Auf der einen Seite stehen vor allem die Flächenbezirke, die von der rot-grünen Ausrichtung von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) nicht gerade profitiert haben und die Verkehrsstadtrat Michael Ludwig zum neuen Stadtchef küren lassen wollten. Die andere Seite wird von den Bezirken innerhalb des Gürtels dominiert, ist stark rot-grün-ausgerichtet und sucht noch nach einer Alternative zu Ludwig, vermutlich Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky. Dadurch dass Häupl nicht weicht, können die unversöhnlichen Positionen derzeit nur indirekt wie über Streichorgien am Parteitag vergangenen Samstag oder mediale Anfeindungen ausgetragen werden.

NIEDERÖSTERREICH

Dass die niederösterreichische Partei nicht unbedingt prächtig da steht, sieht man schon daran, dass sie auf Druck des Bundesparteichefs einen neuen Vorsitzenden küren musste, der außer dem Geburtsort mit dem Bundesland nicht viel gemein hat. Franz Schnabl, seit Jahrzehnten im Burgenland ansässig, ist Präsident des Arbeitersamariterbund und Magna-Manager, war ehemals hochrangiger Polizist und soll die SPÖ wieder Richtung 30 Prozent führen.

BURGENLAND

Ziemlich stabil steht die straff geführte burgenländische SPÖ da, freilich ist auch sie nicht von Querschüssen gefeit. Hervor tut sich da besonders gern der von Landeshauptmann Hans Niessl abgelöste Soziallandesrat Peter Rezar, zuletzt in der Causa rund um die Entlassungen bei der Burgenländischen Krankenanstalten-Gesellschaft m.b.H. Der nicht mehr nominierte Landtagspräsident Gerhard Steier verließ sogar die Partei und ist nunmehr freier Abgeordneter. Insgesamt hält aber der Kitt in der Landespartei, umso mehr als man ohnehin nach dem Eingehen der rot-blauen Koalition parteiintern mit permanenter Selbstverteidigung beschäftigt ist.

OBERÖSTERREICH

Die oberösterreichische SPÖ ist in den vergangenen Jahren vor allem durch schlechte Wahlergebnisse sowohl im Land wie auch in Städten wie Wels und Streitereien aufgefallen. Vor allem das Verhältnis zwischen Landespartei und Linzer Bürgermeister Klaus Luger ist stark belastet. Kolportierte Pläne, dass dieser sogar mit einer eigenen Liste kandidieren will, wurden zuletzt allerdings dementiert. Die mühsame Suche nach einer neuen Parteichefin im Land brachte nach einer Übergangsphase mit AK-Präsident Johann Kalliauer schließlich AMS-Geschäftsführerin Birgit Gerstorfer an die Spitze.

STEIERMARK

Der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer startete mit dem Makel, dass ihm offenbar nicht einmal Vorgänger Franz Voves das Amt des Landeshauptmanns zutraute und dieses lieber der ÖVP überließ. Seither versucht er mit lautstarker Öffentlichkeitsarbeit auf sich aufmerksam zu machen. Eines der Hauptprobleme der steirischen Roten ist der katastrophale Zustand der intern nicht gerade harmoniesüchtigen Grazer Sozialdemokraten, die längst nicht nur von der ÖVP sondern mittlerweile auch von KPÖ, FPÖ und Grünen abgehängt und nicht einmal mehr in der Stadtregierung vertreten sind.

KÄRNTEN

Ruhig wie seit einer gefühlten Ewigkeit nicht ist die Situation der Kärntner SPÖ. Landeshauptmann Peter Kaiser hat gute Chancen, bei der Wahl 2018 sein Amt zu verteidigen. Auch die Landeshauptstadt Klagenfurt ist wieder in roter Hand. Entsprechend friedlich ist derzeit die Stimmung und die Kärntner Partei damit wieder ein Schwergewicht in der österreichischen Sozialdemokratie. Nicht umsonst leitet Kaiser jene Arbeitsgruppe, die die künftigen Koalitionskriterien für die SPÖ definieren soll.

SALZBURG

Von großen Streitereien wird zwar aus der Salzburger SPÖ nicht berichtet, doch sind die Umfragewerte für die Partei unter Walter Steidl nicht gerade hoffnungseinflößend. Zuletzt rangierte die ehemalige Landeshauptfrau-Partei deutlich unter 20 Prozent. Dazu kommt noch, dass im Salzburger Finanzskandal ein Verfahren gegen Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden läuft, das im Fall einer Verurteilung zu Neuwahlen in der Landeshauptstadt führen könnte, und das mit unsicherem Ausgang, muss sich Bernhard Auinger doch erstmals als roter Frontmann bewähren.

TIROL

Elisabeth Blanik hat sich von Parteichef Christian Kern beknien lassen, das als Himmelfahrtskommando geltende Amt der Tiroler SPÖ-Chefin zu übernehmen. Davor hatte Ingo Mayr die Funktion nach ständigen internen Querschüssen entnervt niedergelegt. Dass die an sich sehr populäre Blanik lieber Lienzer Bürgermeisterin bleiben will als allenfalls ein Amt in der Landesregierung nach der Wahl 2018 zu übernehmen, war aber ebenso wenig starke Ansage wie das verhältnismäßig schwache Ergebnis für die rundum erneuerten Kandidatenlisten bei einem Parteitag vor wenigen Wochen. Eher trüb sieht es auch bei der Bürgermeister-Wahl in Innsbruck aus, wo zweifelhaft ist, ob die SPÖ mit einer frisch angeworbenen Journalistin (Irene Heisz) reüssieren kann.

VORARLBERG

Ziemlich unklar ist die Situation der Vorarlberger SPÖ. Nach dem Rückzug von Michael Ritsch, der sich internem Widerstand und einer Bandscheiben-OP-Reha beugte, übt als Kompromisskandidatin Gabriele Sprickler-Falschlunger die Funktion der Parteichefin aus. Die unumstrittene Sachpolitikerin sieht sich freilich selbst nur als Übergangskandidatin und will nicht bei der kommenden Landtagswahl die Nummer eins geben. Wer das tun soll, steht in den Sternen. Relativ logisch wäre Mario Leiter, der damals noch parteifrei überraschend um ein Haar Bludenzer Bürgermeister geworden wäre. Doch gegen ihn gibt es wie gegen praktisch alle möglichen Kandidaten interne Widerstände.

Kanzler Christian Kern glaubt nicht, dass die derzeit fehlende Geschlossenheit in der Wiener Landespartei für die SPÖ ein Problem bei der nächsten Nationalratswahl wird: "Ich sehe das ohne große Sorge", sagte der rote Bundesparteivorsitzende am Montag im APA-Gespräch. Gleichzeitig mahnte Kern aber Zusammenhalt ein und zeigte sich auch zuversichtlich, dass dies nach dem Landesparteitag gelingt.

Die Wiener Parteispitze war am Samstag beim Landesparteitag regelrecht abgestraft worden, der seit Monaten schwelende Konflikt in der wichtigsten roten Landesorganisation droht also auch zur Belastung der Bundespartei bei einer Nationalratswahl zu werden. Kern reagierte am Rande der Maikundgebung am Montag betont gelassen: "Das eine ist Wahltaktik - da meine ich, dass das Problem sehr überschaubar ist", immerhin habe man "sehr gute Umfragewerte", meinte er. "Ich sehe das ohne Sorge."

Kern: "Ich bin optimistisch"

Ganz glücklich ist der Kanzler freilich nicht: "Auf der anderen Seite geht es aber natürlich schon darum, dass wir hier gemeinsame Projekte und Ziele vor uns haben in der Stadt und da müssen wir natürlich gemeinsam und einig auftreten."

Kern glaubt aber, dass sich die Wogen nun rasch wieder glätten: "Ich bin optimistisch, dass jetzt, nachdem der Parteitag vorbei ist, alle wieder zurückkehren und alle wieder gemeinsam in eine Richtung rudern werden." Er sehe "keine großen ideologischen Konflikte", er glaube, es gebe Punkte, die man auch ausräumen könne. Man werde jetzt "in Ruhe versuchen, weiter zu arbeiten und die Weichen zu stellen".

Nachfolge wird hinter verschlossenen Türen besprochen

Auf die Frage zur Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl wollte sich Kern nicht einlassen: Es gebe eine Reihe von Projekten und der Bürgermeister habe angekündigt, bis zur nächsten Nationalratswahl zu bleiben, bekräftigte Kern - "insofern wird man alles andere hinter verschlossenen Türen in aller Ruhe besprechen".

Nationalratspräsidentin Doris Bures - sie erhielt als Vorstandsmitglied am Landesparteitag 75,3 Prozent - versuchte am Montag ebenfalls zu kalmieren: Es sei klar gewesen, dass der Parteitag ein außergewöhnlicher sei, weil Häupl zum letzten Mal kandidierte. "Veränderung führt oft zu Verunsicherung." Nun müsse man "nach vorne blicken", meinte Bures gegenüber der APA.

Im Hinblick auf die Nationalratswahl räumte Bures allerdings auch ein: "Es ist immer besser, wenn Landesorganisationen gemeinsam und geeint und stark in Wahlauseinandersetzungen gehen." Sie sei aber "überzeugt, dass die Wiener SPÖ das bei der Nationalratswahl auch sein wird".

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