- Klassische Bündnisse werden seltener:
Für Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel haben die Wahlen einen Trend unterstrichen: „Den Niedergang der Volksparteien und den Aufstieg der Rechten. Es wird schwieriger, belastbare Koalitionen aufzubauen.“ Ohne Dreierbündnisse ist das kaum noch möglich. Mit dieser Sorte von Koalition hat man in einigen deutschen Bundesländern bereits Erfahrung. In Sachsen-Anhalt etwa, wo die AfD 2016 zweitstärkste Kraft wurde, regiert ein Kenia-Bündnis (CDU, SPD und Grüne), das nun in Sachsen als mögliche Option gilt.
- Es war eine „Wir-oder-die-Wahl“:
In Brandenburg wie in Sachsen konnten die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) und Michael Kretschmer (CDU) zeigen, wofür sie stehen. Besondes Kretschmer fiel dadurch auf, dass er monatelang durchs Land tourte und mit den Leuten redete, redete, redete - im Schlussspurt konnte er in den Umfragen einen Vorsprung ausbauen. Aber: „Am Ende war es eine Persönlichkeitswahl in einer polarisierten Version. Auf der einen Seite standen die Ministerpräsidenten, auf der anderen Seite die Rechtspopulisten“, beobachtete Experte Schroeder. Diese Zuspitzung führte auch dazu, dass die anderen Mitbewerber ihre Stärken nicht ausspielen konnten.
- Die GroKo regiert, aber ohne Glanz:
Ihre Bilanz ist gut, fast 60 Prozent des Koalitionsvertrags haben Union und SPD abgearbeitet, dennoch hat die Große Koalition einen miesen Ruf. Erfolge werden schlecht oder gar nicht kommuniziert. Die Regierungsparteien tragen zudem wenig zur Imagepflege bei, haben sie ihr eigenes Bündnis oft genug öffentlich in Frage gestellt. Oder Krisen angezettelt, die für Wähler scher nachvllziehbar waren, wie der Streit um Seehofers Masterplan Migration zwischen den Schwesterparteien; oder die Personaldebatte um den umstrittenen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Die Bündnispartner mussten bei jeder Landtagswahl Einbußen hinnehmen. In Brandenburg und Sachsen waren die Verluste eingepreist, die schwierige Ausgangslage waren allen klar - nun hat sich die Lage „entdramatisiert“, weil die Ministerpräsidenten ihre Stellung behalten konnten, fasst Schroeder zusammen. Es wird also vorläufig zusammen weiterregiert. Dennoch könnte die Koalition demnächst zur Debatten stehen: Die SPD wird ihr Rennen um den Parteivorsitz eröffnen. Schon in der Bewerbungsphase zeigte sich, dass einige Kandidaten sich für den Ausstieg aus der Koalition positionieren wollen. Dazu kommt die Halbzeitbilanz, die Union und SPD auch als Ausstiegsszenario nützen könnten.
- Die AfD wird nicht verschwinden:
Neben Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern hat sie erneut in Bundesländern ein Wählerpotenzial von 20 bis 25 Prozent erreicht. In östlichen Regionen Sachsen ist sie schon tief verwurzelt, stellt der Politiologe Hans Vorländer fest. „In den Regionen, wo früher die NPD stark war, ist es heute die AfD.“ Es lassen sich also nicht alle Wähler zurückholen, bei einigen kann die Politik aber ansetzen. „Ein Großteil dieser Menschen fühlt sich nicht so anerkannt, wie das angesichts ihrer Arbeit notwendig wäre“, meint Wolfgang Schroeder. Und: „Ein Drittel der Ostdeutschen verdient weniger als 10,50 Euro in der Stunde. Dieses Abgehängt-Sein in der Entlohnungsdynamik spielt eine große Rolle.“ Gleichzeitig gibt es kulturelle Unterschiede, die im Osten stärker ausgeprägt sind, etwa die Angst vor Sprechverboten oder Political Correctness. Die AfD hat das mit einem Wende-Narrativ verknüpft und damit Wahlkampf gemacht - im Sinne von: Es herrschen heute Zustände wie in der damaligen DDR.
- Ein ähnlicher AfD-Erfolg im Westen ist kein Automatismus:
Bei Wahlen im Westen würde eine solche Kampagne nicht funktionieren. Ohnehin ist ein ähnlicher Erfolg dort nicht ausgemacht. In Bremen löste sich die Fraktion auf, auch sonst gab es Machtkämpfe zwischen „Flügel“-Anhängern und weniger radikalen AfDlern. Die Zuwächse im Osten könnten diese Spannungen befeuern. Politologe Schroeder schließt nicht aus, dass die AfD schon an ihrem Zenit angekommen ist. Die Wählerwanderung zeige, dass der Zuwachs weniger von etablierten Parteien, als von den Nichtwählern kam. Alleine in Sachsen waren es 200.000, in Brandenburg zirka 100.000, die diesmal wählen gingen.
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