Sri Lanka: Regierung macht Islamistengruppe für Anschläge verantwortlich
- Am Ostersonntag kam es auf Sri Lanka zu sechs Bombenanschlägen - auf drei Fünf-Sterne-Hotels sowie drei christliche Kirchen in Colombo, dem nahe gelegenen Küstenort Negombo und der Ostküstenstadt Batticaloa.
- Alle sechs Bombenanschläge wurden von Selbstmordattentätern verübt.
- Bei den Anschlägen starben 290 Menschen, rund 550 wurden verletzt. Viele der Opfer sind Katholiken.
- Die Regierung macht die einheimische Islamistengruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) verantwortlich.
Die Zahl der Todesopfer nach den Bombenanschlägen auf Kirchen und Hotels am Ostersonntag in Sri Lanka ist nochmals deutlich auf 290 gestiegen. Rund 550 Menschen wurden nach jüngsten Angaben verletzt, wie ein Polizeisprecher am Montag in Colombo, der Hauptstadt mitteilte. Am Sonntag hatte die Polizei zuletzt von 207 Toten gesprochen.
Sri Lankas Regierung hat nun eine einheimische Islamistengruppe für die Anschläge verantwortlich gemacht. Die Regierung sei fest davon überzeugt, dass die Gruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) die Selbstmordattentate verübt habe, sagte Kabinettssprecher Rajitha Senaratne am Montag.
Sri Lankas Behörden überprüfen seinen Angaben zufolge auch, ob die Gruppe "internationale Unterstützung" hatte. Zuvor habe es Hinweise auf Anschlagspläne der Gruppe gegeben.
Nach Polizeiangaben wurden inzwischen 24 Verdächtige festgenommen, die verhört würden. Sie seien alle Mitglieder einer "extremistischen" Gruppe und Staatsangehörige Sri Lankas, sagte ein Polizeisprecher. "Wir werden nicht zulassen, dass der Terrorismus in Sri Lanka sein Haupt erhebt. Alle Maßnahmen werden ergriffen, um den Terrorismus auszulöschen", sagte Premierminister Ranil Wickremesinghe.
Knapp 90 weitere Bombenzünder entdeckt
In der Nähe eines der Anschlagsorte ist ein Sprengsatz in einem geparkten Auto gefunden worden. Bombenentschärfer sprengten das Fahrzeug am Montag in der Nähe der St.-Antonius-Kirche in der Hauptstadt Colombo, nachdem darin ein Sprengkörper entdeckt worden war, wie die Polizei mitteilte. An einem anderen Ort der Stadt seien an einer Bushaltestelle 87 Zünder sichergestellt worden.
Ein Mann wurde den Angaben zufolge in der Gegend um die Kirche festgenommen. Der Fund des Sprengsatzes und die Sprengung lösten in der Umgebung eine Panik aus, wie Videos in sozialen Medien zeigten. Zeugen berichteten auf Twitter zudem, dass die Polizei den Festgenommenen vor einer aufgebrachten Menge schützen musste.
Es seien insgesamt 87 Zünder sichergestellt, sagte ein Polizeisprecher. Sicherheitskräfte fahndeten im ganzen Land nach den Drahtziehern der Anschläge auf Kirchen und Hotels, bei denen am Ostersonntag 290 Menschen getötet und rund 500 verletzt wurden.
Sieben Selbstmordattentäter beteiligt
Die Anschläge auf drei Kirchen in unterschiedlichen Landesteilen und vier Hotels in Colombo und der Umgebung der Hauptstadt wurden am Sonntag fast zeitgleich verübt, als in den Kirchen die Oster-Gottesdienste begannen. Die Anschläge wurden nach Angaben eines Forensikers von insgesamt sieben Selbstmordattentätern verübt. Zwei der Selbstmordattentäter sollen sich im Hotel Shangri-La in Colombo in die Luft gesprengt haben.
Insgesamt gab es mindestens acht Detonationen. Am Sonntagabend wurde in der Nähe des größten Flughafens der Insel, rund 30 Kilometer von Colombo entfernt, ein Sprengsatz gefunden und entschärft, wie ein Sprecher der Luftwaffe mitteilte.
Unter den Toten sind den Behörden zufolge mindestens 35 Ausländer, unter ihnen US-Bürger, Briten, Inder und Türken. Österreicher dürften nach bisherigen Informationen nicht darunter sein. Bei dem Einsatz seien drei Polizisten getötet worden.
Erneute Ausgangssperre angeordnet
Die Regierung in Sri Lanka hat eine erneute Ausgangssperre für Colombo angeordnet, die von Montag 20.00 Uhr bis Dienstag 04.00 Uhr (Ortszeit) gelten soll.
Sri Lankas Präsident Maithripala Sirisena, der sich zum Zeitpunkt der Anschläge im Ausland aufhielt, ordnete Regierungskreisen zufolge für Montagvormittag ein Treffen des nationalen Sicherheitsrates an, um über die Lage zu beraten. Auch Wickremesinghe sollte daran teilnehmen.
Polizei hatte vor Anschlägen auf Kirchen gewarnt
Mehr als eine Woche vor der Serie von Selbstmordanschlägen in Sri Lanka hatte die Polizei des Landes Hinweise auf mögliche Angriffe auf Kirchen. Der stellvertretende Polizeichef Priyalal Dissanayake verfasste am 11. April ein Schreiben, in dem er von Anschlagsplänen einer einheimischen radikal-islamischen Gruppe auf katholische Kirchen sowie die indische Botschaft in Sri Lanka warnte.
Namentlich genannte Verdächtige hätten nach dem Anschlag auf zwei Moscheen im März im neuseeländischen Christchurch gegen andere Religionen gehetzt, hieß es. Der Sprecher des sri-lankischen Kabinetts, Rajitha Senaratne, bestätigte am Montag in einer Pressekonferenz die Echtheit des an mehrere Polizeieinheiten adressierten Schreibens, das Telekommunikationsminister Harin Fernando auf Twitter veröffentlicht hatte. Wickremesinghe sei jedoch nicht informiert worden.
Die NTJ soll hinter der Beschädigung buddhistischer Statuen in Sri Lanka im vergangenen Jahr stehen. Islamistische Terrorangriffe hatte es bisher in dem tropischen Inselstaat nicht gegeben. Auch von Angriffen ausländischer Islamisten blieb das Land bisher verschont.
Nur rund zehn Prozent der Bevölkerung Sri Lankas sind Muslime. Unter den rund 22 Millionen Einwohnern Sri Lankas sind 70 Prozent Buddhisten, gut zwölf Prozent Hindus und gut sieben Prozent Christen. Islamistische Terrorangriffe hatte es bisher in dem Inselstaat nicht gegeben.
Polizeiangaben zufolge wurde am Sonntagabend im Nordwesten des Landes ein Brandsatz auf eine Moschee geworfen. Im Westen verübten Unbekannte Brandanschläge auf zwei Geschäfte, deren Besitzer Moslems sind.
Dänischer Mode-Milliardär verlor drei seiner Kinder
Der dänische Milliardär Anders Holch Povlsen und seine Frau Anne haben bei den Anschlägen in Sri Lanka drei ihrer vier Kinder verloren. Ein Sprecher von Povlsens Modeunternehmen Bestseller bestätigte dies am Montag. Dänischen Medien zufolge machte die Familie Urlaub auf der Insel.
Der 46-jährige Povlsen hat Bestseller mit Marken wie Vero Moda, Only oder Jack & Jones von seinen Eltern geerbt. Merete und Troels Holch Povlsen hatten das Modeunternehmen 1975 gegründet. Sohn Anders ist auch größter Aktionär des Internet-Modehändlers Asos und ist an Zalando beteiligt. Er gilt als der reichste Mann Dänemarks.
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