Zagreb: Zwischen Erdbeben und Coronavirus

Zagreb: Zwischen Erdbeben und Coronavirus
In der kroatischen Hauptstadt hält man derzeit bei 74 Nachbeben und 361 Corona-Infizierten.
Von Uwe Mauch

Die Erde und die Bewohner von Zagreb kommen weiterhin nicht zur Ruhe: 74 Erdstöße wurden seit dem ersten starken Beben am Sonntag in der Früh registriert. Die Seismologen, deren denkmalgeschütztes Institut auf dem Grič in der Oberstadt schwer getroffen wurde, sprachen am Sonntag vom schwersten Erdbeben in Zagreb seit 140 Jahren. Auswirkungen davon wurden sogar in Wiener Hochhäusern registriert.

Die Experten lassen auch durchblicken, dass sich die Zeit der Nachbeben noch über einige Wochen erstrecken könnte. Zum Vergleich: Beim letzten Katastrophen-Erdbeben am 9. November 1880 wurden 185 Nachbeben gezählt.

Aufräumarbeiten

„Langsam gewöhnen wir uns an diesen Ausnahmezustand“, berichtet eine Zagreberin, die auf einem der Ausläufer des Medvednica (Bärenberg) wohnt, dem KURIER am Telefon. „Wir sind aber weiterhin bereit, sofort das Haus zu verlassen.“ Das Grollen in der Erde höre sich an wie das Grollen des Donners. Nicht allzu lange: „Wenn man aufspringt, ist es schon wieder vorbei.“

In der am Dienstagvormittag fast menschenleeren Zagreber Unterstadt sind inzwischen die Aufräumarbeiten soweit abgeschlossen. Alle Straßen sind wieder passierbar, die von herabfallendem Mauerwerk demolierten Autos wurden weggebracht. Soldaten, professionelle, aber auch viele freiwillige Helfer haben in den vergangenen Stunden ganze Arbeit geleistet.

Das Ausmaß der Schäden wird allerdings erst deutlich, wenn man die Gründerzeithäuser betritt. Einige Wohnungen sind seit Sonntagfrüh nicht mehr betretbar. In anderen prüfen Statiker, ob weiterhin Einsturzgefahr droht. Dass es auch in Zagreb empfindlich abgekühlt hat, erleichtert den Einsatz der Hilfskräfte nicht.

187 Menschen wurden bisher in einem zum Notquartier umfunktionierten Studentenheim einquartiert. Vor der Rudolfskaserne auf dem Franjo-Tuđman-Platz wurden vorsorglich Feldzelte aufgebaut.

361 Infizierte

Die Angst vor dem Erdbeben und die Angst vor dem Coronavirus halten sich derzeit noch die Waage. Polizei patroulliert überall in der Stadt. Wer mit dem Auto in die oder aus der Stadt fahren möchte, benötigt dafür eine Bewilligung, etwa von seinem Arbeitgeber.

Interessant sind die Parallelen zwischen Wien und Zagreb: Das Gros der Bevölkerung hält sich sehr diszipliniert an die Vorgaben der Regierung. Und dann wäre dann noch ein Mann, der ähnlich wie sein österreichischer Kollege erst vor kurzem das Amt des Gesundheitsministers angetreten hat. Überall ist zu hören, dass Vili Beroš viel Ruhe, Professionalität und einen menschlichen Umgang ausstrahlt.

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