Minister Fliegendes Hemd
Kaum zwei Wochen im Amt, ist Yanis Varoufakis bereits eine Art internationaler Finanzrockstar. "Ich bin der Finanzminister eines bankrotten Landes", sagt der durchtrainierte 53-jährige Ex-Professor mit dem rasierten Kopf. Der eifrige Blogger (yanisvaroufakis.eu) war schon vor seinem Schnelleinstieg in die Politik für coole Sprüche bekannt und für die kategorische Ablehnung des Sparkurses, den Griechenlands Kreditgeber verlangen. Diesen Mix aus drastischen Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen nannte er "fiskales Waterboarding" – eine zweifelhafte Anspielung auf eine US-Foltermethode, die den Opfern das Gefühl gibt, zu ertrinken.
Mode als Statement
"Als Person ist Varoufakis sehr charismatisch, ein guter Entertainer, sehr schnell im Kopf und wahnsinnig energisch", sagt der österreichische Journalist Robert Misik zum KURIER. 2012 hat er Varoufakis im Bruno Kreisky Forum in Wien getroffen. Schon damals habe dieser eine enge Beziehung zu Syriza-Chef und Neo-Premier Alexis Tsipras demonstriert. Varoufakis hat Mathematik und Statistik an der Universität Essex studiert, dann ein Doktorat in Ökonomie gemacht. Später unterrichtete er zwölf Jahre an der Sydney Universität. Er besitzt die australisch-griechische Doppel-Staatsbürgerschaft und hat eine Tochter aus erster Ehe in Australien.
"Kein lässiger Mensch"
Ein Jahr später hat James Galbraith, Chef des Wirtschaftsinstituts an der texanischen Austin Universität, Varoufakis in Athen kennengelernt. Darauf folgte eine Einladung an Varoufakis für eine Gastprofessur in den USA ab 2013. "Yanis ist kein lässiger Mensch, genau umgekehrt – er ist sehr anstrengend und diszipliniert", sagt Professor Galbraith zum KURIER und lacht. Beide Ökonomen haben eng zusammengearbeitet und mit einem früheren britischen Labour-Abgeordneten eine Abhandlung über die Euro-Krise geschrieben ("A Modest Proposal for Resolving the Eurozone Crisis").
Sommerkleidung
Um Finanzminister zu werden, hat Varoufakis seine Stelle in Austin vorzeitig kündigen müssen. Diese Wende kam vermutlich unerwartet. "Als ihn Tsipras im Dezember gefragt hat, ob er nicht bei der vorzeitigen Wahl kandidieren wolle, war Yanis mit seiner Frau auf einer Reise in Australien", erzählt Misik. Der Ökonom sei sofort nach Athen geflogen – nur mit seiner Sommerkleidung für Australien. Stratou musste nach Austin eilen, um seine Wintersachen zu holen.
Vor Auslaufen des milliardenschweren Hilfsprogramms Ende des Monats spürt Griechenland Druck von allen Seiten (mehr dazu hier). Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem schwächte am Samstag zwar seine Ultimatums-Drohung gegenüber Athen ab, bis zum Treffen der Euro-Finanzminister am 16. Februar müsse es aber einen genauen Zeitplan für das weitere Vorgehen geben. Zuvor forderte er die Zusage, die vereinbarten Sparauflagen auch einzuhalten. Die Griechen wollen indes mittels Überbrückungsfinanzierung Zeit für eine völlig neue Vereinbarung gewinnen.
Die US-Ratingagenturen sind alarmiert. Standard & Poor’s stufte die Kreditwürdigkeit des Landes um eine Stufe herab. Moody’s sieht die Gefahr einer Staatspleite, sollte sich Athen in den kommenden Wochen nicht mit den Euro-Partnern einigen. Die Ratingagentur stuft die Bonität bereits mit „Caa1“ auf Ramschniveau ein.
Die griechische Regierung versucht zu beruhigen. Die Liquidität des Landes sei „bis zum Sommer und bis zum Abschluss eines neuen Vertrages“ gesichert, wies Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis Gerüchte über Liquiditätsprobleme zurück.
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