Ein gewaltiger Schwenk der türkischen Außenpolitik wird in Brüssel zwar nicht erwartet, einige Hoffnung gebende Zeichen der Lockerung aber schon.
So etwa wurden Ankündigungen der Opposition in Richtung Zypern-Politik mit Erleichterung vernommen. Somit könnten sich die Spannungen zwischen dem türkischen Norden und dem griechischen Süden der geteilten Mittelmeerinsel lockern.Und auch Schweden dürfte hoffen, doch noch heuer Mitglied der NATO zu werden: Nach der Blockade durch Erdoğan könnte das skandinavische Land in einigen Monaten grünes Licht aus Ankara erhalten.
Und dann keimt auch noch ein Hoffnungsschimmer, dass ein Präsident Kılıçdaroğlu den türkischen Rückhalt für Aserbaidschan ein wenig mäßigen könnte – was wiederum den Konflikt mit Armenien entschärfen würde.
Den Kurs gegenüber Russland würde aber auch ein Sieg der Opposition nicht ändern: Den EU-Sanktionen würde sie sich nicht anschließen. Ob Erdoğan oder Kılıçdaroğlu – die Türkei hängt so sehr von Russland ab, dass sich keine Führung in Ankara mit Moskau anlegen möchte.
Europas größte Sorge bei einem möglichen Wahlsieg Kılıçdaroğlus aber gilt dem EU-Flüchtlingsdeal. Der Oppositionsführer hatte angekündigt, das Abkommen mit der EU neu verhandeln zu wollen. Die Türkei dürfte nicht weiter als „Pufferzone“ für die Flüchtlinge behandelt werden, sagte Kılıçdaroğlu.
Und er kündigte an: Er wolle binnen zwei Jahren die Millionen syrischen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückschicken.
Auch die seit Jahren eingefrorenen EU-Beitrittsverhandlungen wird Kilicdaroglu nicht so schnell wieder auftauen. Dafür müsste erst eine Reihe Gesetze wieder verschwinden, mit denen Erdoğan dem Rechtsstaat Türkei zu Leibe gerückt ist.
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