Wo man Theresa May auch heute noch treu bleibt

Theresa May mit Ehemann Philip
In ihrem Heimatort Maidenhead ist die geschasste Premierministerin auch bei dieser Parlamentswahl klare Favoritin.

Drei Abstimmungen, drei Niederlagen – und ein unschöner Abgang unter Tränen. Gerade zwei Jahre hat Theresa May als Premierministerin in Downing Street 10 politisch überlebt, bis ihr Rivale Boris Johnson die Zeit gekommen sah, selbst nach der Macht zu greifen.

Doch in Maidenhead, einem wohlhabenden Städtchen westlich von London, sieht die Welt für Theresa May ein bisschen anders aus, nicht nur weil ihr kleines Häuschen am Ende einer Sackgasse nicht ständig von Reportern belagert wird. Dort halten ihr die Bürger seit 22 Jahren die Treue, wählen die Konservative verlässlich und mit klarer Mehrheit als ihre Abgeordnete ins Londoner Unterhaus.

Auch diesmal wird sich das kaum ändern. Das zeigen nicht nur örtliche Umfragen, die der geschassten Premierministerin mehr als 60 Prozent der Stimmen geben, sondern auch die Kommentare der Ortsansässigen, wie sie britische Medien, von der BBC abwärts, eingefangen haben. Sie sei „wunderbar für diesen Wahlkreis“, habe Schulen, Vereine und vor allem Einrichtungen für ältere Leute verlässlich unterstützt. May habe sich einfach immer für ihren Heimatort engagiert: „Sie war eigentlich nie weg. Ist nach einem Vormittag in Brüssel am Nachmittag in der örtlichen Schule aufgetaucht.“

Johnson unsichtbar

So viel Präsenz in seinem Wahlbezirk kann man dem amtierenden Premierminister nicht nachsagen. Der ist seit 2015 gewählter Abgeordneter von Uxbridge im Westen von London. Im Wahlkampf hat sich Boris Johnson bisher dort nicht blicken lassen. Ein Verhalten, das gegen die Gepflogenheiten der britischen Politik verstößt. So hat Johnson nicht nur darauf verzichtet, zumindest einmal eine Runde Hausbesuche im Wahlbezirk zu machen, er hat sich auch nicht einem sogenannten „husting“ gestellt.

Das sind Diskussionsabende, bei denen Bürger den örtlichen Kandidaten sämtlicher Parteien Fragen zu beliebigen Themen stellen können – vom Brexit bis zur Ortsumfahrung. Aus Rücksicht auf den dichten Terminkalender des Regierungschefs hatte man das husting in Uxbridge sogar mehrfach verlegt: Nur mit dem Ergebnis, dass der Sessel Johnsons trotzdem leer blieb.

Überraschungssieger?

Das könnte in dem bürgerlichen Vorort eine kleine politische Revolution möglich machen. Denn nicht nur hatte Johnson bei den Wahlen 2017 lediglich einen knappen Vorsprung von 5.000 Stimmen, auch ist der örtliche Kandidat der Labour-Partei ständig unterwegs und entsprechend beliebt. Ali Milani, gebürtiger Iraner, der als Kleinkind nach Großbritannien kam und in einfachsten Verhältnissen aufwuchs, hat gute Chancen, Johnsons Mehrheit zu kippen. Er selbst kommentiert das nicht ohne bösen Witz: „Stellen Sie sich vor, ein Muslim aus ärmlichen Verhältnissen schlägt ausgerechnet diesen Premierminister.“Konrad Kramar

Kommentare