Wieso Japan die nordkoreanische Rakete nicht abschoss

Japans Armee hätte die Waffentechnik, um anfliegende Raketen abzufangen. Also warum ließ man eine Rakete aus Nordkorea nun schon zum zweiten Mal passieren?

Kaum wie sonst wo werden Nordkoreas Aktivitäten beobachtet wie in Südkorea und Japan. Dabei stellt sich die Frage: Was haben diese Staaten gegen das Raketenarsenal Nordkoreas aufzubieten? Die Antwort ist: Alles, was an moderner Waffentechnik vorhanden ist. Stellt sich in der Folge eine weitere Frage: Wieso ließ es Japan dann zu, dass Pjöngjang nun schon die zweite Rakete innerhalb von zwei Wochen über japanisches Gebiet hinweg in den Pazifik feuert?

Wieso Japan die nordkoreanische Rakete nicht abschoss
TOPSHOT - This handout photo taken on September 15, 2017 and provided by South Korean Defence Ministry in Seoul shows South Korea's missile system firing Hyunmu-2 missile into the East Sea from an undisclosed location on South Korea's east coast during a live-fire exercise aimed to counter North KoreaÕs missile test. North Korea fired a ballistic missile over Japan and into the Pacific on September 15, responding to new UN sanctions with what appeared to be its furthest-ever missile flight amid high tensions over its weapons programmes. / AFP PHOTO / South Korean Defence Ministry / str / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / South Korean Defence Ministry" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
Klar ist, das Abfangen von Interkontinental- oder Kurzstreckenraketen ist nach wie vor eine technologisch komplizierte Angelegenheit. Raketen sind extrem schnell und ein verhältnismäßig kleines Ziel. Tests auf diesem Gebiet scheitern mal, mal gelingen sie. Vor allem aber was ballistische Raketen angeht – und um solche handelt es sich im Falle Nordkoreas – ist das Abfangen eine an sich vergleichsweise einfache Übung.

Solche Raketen beschleunigen nach dem Abschuss auf mehrfache Schallgeschwindigkeit und fliegen danach ohne Antrieb in einer daher leicht zu berechnenden Parabel-Flugbahn. Aufgrund der großen Distanzen, die solche Waffensysteme zurücklegen, dauert der Flug einer solchen Rakete zwischen zehn und 20 Minuten. Im Fall des Raketentests vom Freitag flog die Rakete etwa 2700 Kilometer weit und erreichte auf ihrer Flugbahn eine Höhe von 550 Kilometern.

Wieso Japan die nordkoreanische Rakete nicht abschoss
TOPSHOT - A man watches a screen showing a graphic of a North Korean missile launch, at a railway station in Seoul on September 15, 2017. North Korea fired an intermediate range ballistic missile eastwards over Japan and into the Pacific on September 15, the US said, its latest provocation amid high tensions over its banned weapons programmes. / AFP PHOTO / JUNG Yeon-Je

Japans Streitkräfte hatten in den vergangenen Wochen auch die zu einem Abfangmanöver benötigten Waffensysteme an die Westküste des Landes verlegt. Konkret handelt es sich dabei um Patriot-Systeme, die dazu entwickelt wurden, anfliegende Raketen in der letzten Phase des Fluges durch eine mit einem Sprengkopf bestückte Abfangrakete zu zerstören. Andere Systeme, die die USA in der Region stationiert haben, zielen darauf ab, Flugkörper in der mittleren Phase des Fluge – also am höchsten Punkt der Parabel – schlicht durch mechanische Einwirkung unschädlich zu machen.

Grundlage all dieser Systeme ist eine rasche Radarerfassung sowie Flugbahnberechnung, durch die sehr schnell klar wird, wo das Geschoss einschlagen wird. Und genau das wird in Japan der Fall gewesen sein. Demzufolge war nach kurzer Zeit wohl klar, dass die Rakete nicht Japan, sondern offenes Meer zum Ziel hatte. Auf ein Abfangmanöver wurde daher verzichtet. Vermutlich wohl auch, weil Nordkorea einen Abschuss als Provokation aufgefasst hätte – und die Lage in der Region unnötig eskalieren hätte können.

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