Drohungen und Fantasien
Zuletzt etwa mit der Warnung an Asylwerber, die sich weigern, auf den Frachtkahn Bibby Stockholm zu ziehen, sie würden ihr Obdach verlieren. Oder mit dem Vorschlag — nachdem im Juni auch das Berufungsgericht den Ruanda-Plan für illegal erklärt hat —, man könnte Asylwerber doch auf die 6.400 Kilometer entfernte, abgelegene Ascension-Insel mitten im Atlantik fliegen. (Jene Inselgruppe zur der auch St. Helena gehört, auf die Napoleon verbannt wurde.)
Diese Idee ist nicht neu. Aber schon 2020 wurde der Vorstoß von der damaligen Innenministerin Priti Patel als „unwahrscheinlich“ abgetan. Selbst der rechts-konservative Jacob Rees-Mogg muss gegenüber GB News einräumen, dass es „mindestens eine Million Pfund pro Person kostet“.
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Fatale Botschaften
Politikprofessor Tim Bale von der Queen Mary Universität sieht in Bravermans Vorstoß „die übliche Vorgehensweise einer rechtspopulistischen Politikerin“, es sei „eher ein aufmerksamkeitsstarker Slogan als eine wirklich substanzielle Lösung.“ Aber die Botschaft alleine ist fatal, findet Rodwan Abouharb, Politikprofessor vom University College London: „Winston Churchill (dessen Regierung die Flüchtlingskonvention 1954 umsetzte, Anm.) würde sich bei diesen Vorschlägen im Grab umdrehen. Sie hat den Ruf des Vereinigten Königreichs, Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, sichere Zuflucht zu gewähren, weiter geschädigt.“
Nicht nur in puncto Migration stoßen ihre Aussagen vor den Kopf. Als Mittwochnachmittag Unruhe auf der Oxford Street ausbrach, erklärte sie , die Verantwortlichen müssten „gejagt und eingesperrt“ werden. „Wir können nicht zulassen, dass die Art von Gesetzlosigkeit, die in einigen amerikanischen Städten zu sehen ist, auf die Straßen des Vereinigten Königreichs kommt“, schrieb sie auf X (vormals Twitter).
Kurze Amtszeit
Ihr Standpunkt ist harsch, scharf, sie betont gerne Korrektheit. Ein Maßstab, den sie nicht so ganz an sich selbst anzulegen scheint. Obwohl sie 2020 von Boris Johnson zur Generalstaatsanwältin erhoben wurde, war sie die erste, die ankündigte, ihn ersetzen zu wollen. Sie schied in Runde zwei aus dem Nachfolgerennen, unterstützte Liz Truss und wurde von ihr mit dem Posten der Innenministerin belohnt. Aber ihre Amtszeit dauerte nicht einmal die Regierungszeit, die an sich nur 49 Tage maß. An Tag 43 war sie gezwungen, ihre Kündigung einzureichen, nachdem sie vertrauliche Dokumente von ihrer persönlichen e-Mail-Adresse geschickt hatte. Sechs Mal. Sie wurde Englands kürzest amtierenden Innenministerin seit 1834.
Doch eine Woche später war sie zurück im „Home Office“ — dank neuem Premier Rishi Sunak, der wohl hoffte, mit der Rechts-außen-Politikerin Johnsons Rückkehr zu verhindern. „Ein schmutziger Handel mit der nationalen Sicherheit“, kommentierte Labour-Chef Keir Starmer.
Doch Kritik an Braverman kommt immer öfter nicht nur aus Oppositionsreihen. Ein ehemaliger hochrangiger Tory-Minister sagte dem Guardian, er halte Braverman für eine „echte rassistische Fanatikerin“.
Unbeliebt
Während manche sie – und einigen Auftritten zufolge sie sich wohl auch selbst – als Sunaks Nachfolgerin wähnen, rasselt ihre Beliebtheit in den Keller. Die jüngste Opinium-Umfrage zeigt, dass 14 Prozent für, 50 Prozent der Befragten gegen sie sind.
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