Wie Spaniens Jugendliche mit Krypto-Geld ihre Zukunft verspielen

Ein Bitcoin-Automat
Das Land war lange sehr locker im Umgang mit virtuellen Währungen. Opfer sind vor allem Jugendliche, die sozial am Rand stehen

Elena Moreno war gerade einmal 17 Jahre alt, als die Mutter ihres Freundes sie anstiftete, in Kryptowährungen zu investieren. Sie investierte ihre ersten selbst verdienten 50 Euro in Bitcoins. Es hörte sich alles gut an, vor allem nach der Finanzkrise, die so viele Menschen ohne Mittel und Jugendliche ohne Job zurückgelassen hatte.

Elena befand sich in besten Kreisen, selbst spanische Promis investierten in Bitcoins, und es gab bald die ersten Krypto-Geldautomaten in Spanien. Aber so schnell wie es für Moreno finanziell aufwärts ging, verlor sie auch alles wieder: „Es war am Ende für mich alles undurchsichtig und fühlte sich wie im Casino an“, sagt die Katalanin, die inzwischen eine Forst-Ausbildung macht und lieber in der realen Welt Geld verdient. Von Online-Akademien und Finanzmärkten will sie nichts mehr wissen: „Was virtuell verkauft wird, meide ich.“

Wie im Casino

Ibai Artola ist da anders. Er ist Krypto-Experte und inzwischen auch Finanzberater. Der junge Bauer aus dem Baskenland wollte eigentlich auch beim Madrider Mega-Event „Mundo Crypto“ am Samstag dabei sein: „Aber ich konnte leider nicht, weil wir ein neues Büro aufbauen.“

"Kein Weg zurück"

7000 Besucher informierten sich dort über bessere Investitionsstrategien und weitere Krypto-Kurse. Im Vorfeld gab es viel Polemik, weil Minderjährige aus ganz Spanien nach Madrid pilgerten. Der Baske sieht die Gefahr, dass einige dem schnellen Geld verfallen wie im Casino, aber er warnt vor Panikmache: „Es gibt keinen Weg zurück. Virtuelle Währungen bleiben, egal vor welchen Horror-Szenarien konventionelle Investoren warnen.“

Die Negativnachrichten zu Kryptowährungen reißen in Spanien zuletzt nicht mehr ab, nachdem das Land jahrelang locker damit umging.

Es fing an mit einem Festival in einem sozial schwierigen Vorort von Barcelona im April. Tausende Minderjährige wurden nach den Konferenzen und Kursen zu Krypto-Fans, die danach ihr Sozialleben aufgaben, um reich zu werden, wie der Redner.

Warnung der Behörden

Auf Druck verzweifelter Eltern beschloss die Finanzmarktaufsicht, Werbung für Krypto-Assets besser zu kontrollieren. Sie warnte vor dem Event „Mundo Crypto“ in Madrid. Einige der werbenden Firmen seien dubios und nicht in Spanien registriert.

Madrid ist eine Krypto-Hochburg in Europa. Spanien hat grundsätzlich weniger Hemmschwellen gegenüber Sekten oder ähnlichen problematischen Organisationen, weswegen lange zugeschaut wurde, wie die Jugend offen mit Krypto-Versprechen verführt wurde.

Sekten treten offen auf

Die US-Sekte Scientology darf sich etwa im Madrider Zentrum offen zur Schau stellen, und der anderswo umstrittene spanische Orden Opus Deí versucht überall, Schüler für seine ultrakonservativen Lehren zu gewinnen.

Hinzu kommt eine Neigung der Spanier fürs Glückspiel. Sie haben die größte Lotterie der Welt und fast 700.000 registrierte Spielsüchtige – immer mehr davon sind Jugendliche. Das hat auch das Verbraucherministerium wachgerüttelt: Werbung für Wettbüros ist seit 2021 verboten. Dass Amerikaner wie die IM Academy Spanien als Standort auswählten, hat auch damit zu tun, dass virtuelle Währungen hier bisher keinen schlechten Ruf hatten. Bis vor kurzem wurden sie sogar massiv gefördert, vor allem die Technologie, auf denen sie basieren: Blockchain.

Aber die Stimmung kippt langsam. Einige Promis, die beim Branchentreffen in Madrid auftreten sollten und selbst in virtuelle Währungen investieren, haben aufgrund der Negativnachrichten einen Rückzieher gemacht.

Stefanie Müller, Madrid

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