Silvester in Köln: Racial Profiling und Multimedia-Show

Vor dem Kölner Hauptbahnhof am Silvesterabend.
Zwischen "Racial Profiling" und Licht-Show der Extraklasse: Köln erlebt nach dem vergangenen Jahr eine Silvesterparty, wie sie die Stadt noch nicht gesehen hat.

Ein Jahr nach den massiven sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht hat Köln unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen ins neue Jahr gefeiert. „Die umfangreiche Vorbereitung war richtig und notwendig“, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies am frühen Sonntagmorgen. Allein in der Kölner Innenstadt waren rund 1500 Beamte eingesetzt, die vermehrt Personalien kontrollierten. Eine erste Zwischenbilanz von Polizei und Stadt in der Nacht fiel verhalten positiv aus.

Überprüfungen

Am Hauptbahnhof setzten Polizisten mehrere hundert verdächtige Männer fest, vornehmlich nordafrikanischer Herkunft. Weitere 300 Personen wurden am Deutzer Bahnhof aus einem Zug geholt und überprüft. „Sie werden von uns befragt, und wir werden ihre Identität feststellen. Es wird keiner zu früh gehen“, sagte Mathies. Er habe kurzfristig zwei zusätzliche Hundertschaften zur Verstärkung angefordert.

"Nafri": Racial Profiling

Dieser Tweet der Polizei sorgte vor allem im Netz für Entrüstung. Besonders das Wort "Nafris". Im Behördensprech steht das für "Nordafrikaner", andere übersetzen es als "Nordafrikanische Intensivtäter". Ebenfalls wurde das "Racial Profiling" der Polizei angeprangert. Bei dieser Form des Handelns, auch "ethnisches Profiling" genannt, basiert die Grund für eine Handlung rein auf der ethnischen Zugehörigkeit. Kritiker sehen darin institutionellen Rassismus.

Polizeipräsident Jürgen Mathies sagte dazu am Sonntag bei einer Pressekonferenz, nach seiner Einschätzung hätte der Begriff "Nafri" besser nicht nach außen verwendet werden sollen. Eine Häufung an Straftaten von Personen aus dem nordafrikanischen Raum lasse sich aber nicht bestreiten, und dafür müsse dann polizeiintern auch ein Begriff gefunden werden. Mathies betonte, dass die allermeisten in Deutschland lebenden Nordafrikaner natürlich keine Straftäter seien.

Aktuelle Statistik des BKA

Das passt nur bedingt zu der laufenden BKA-Statistik über kriminelle Zuwanderer. Demnach geraten Syrer, Iraker und Afghanen relativ selten in den Fokus der Ermittler (Anteil zwei Drittel an allen Zuwanderern; Anteil ein Drittel an den Verdächtigten bzw. Tätern). Deutlich häufiger verdächtigt oder überführt wurden Zuwanderer vom Balkan (elf Prozent der Einwanderer, 19 Prozent der Taten), aus den Maghreb-Staaten (zwei und 22 Prozent), aus Gambia, Nigeria und Somalia (zusammen drei und acht Prozent) und Georgien (0,6 und 5 Prozent).

Der Bericht zeigt, ein Großteil der Straftaten sind Bagatelldelikte. Allein 17 Prozent der Straftaten resultierten demnach aus sogenannter Beförderungserschleichung, also Schwarzfahren. Gut ein Viertel der Fälle waren Diebstähle und etwa ebenso viele sogenannte Rohheitsdelikte, also zum Beispiel Körperverletzungen. Ein überwiegender Teil der Körperverletzungen resultierte aus Konflikten unter Zuwanderern; bei etwa sechs Prozent der erfassten Straftaten ging es um die Verletzung eines Nicht-Zuwanderers. 1,3 Prozent der Taten waren nach diesen Angaben versuchte oder vollendete Sexualdelikte.

Zwei gemeldete Sexualstraftaten

Am frühen Neujahrsmorgen 2017 berichtete die Polizei von zwei gemeldeten Sexualstraftaten, bei denen Frauen angefasst und begrapscht worden seien. Ein Verdächtiger sei festgenommen worden, in dem anderen Fall seien die drei Täter noch flüchtig.

Nach den Geschehnissen vor einem Jahr hatten Stadt und Polizei bei der Sicherheit stark aufgerüstet. Die Domplatte war mit Absperrgittern gesichert, es gab Einlasskontrollen, weil dort Feuerwerk verboten war. Neu installierte hochauflösende Videokameras übertrugen Bilder vom Vorplatz des Hauptbahnhofs live ins Polizeipräsidium. Zudem gab es mehrere Straßensperren. Nach dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt wurden unter anderem Betonklötze aufgestellt, um zu verhindern dass Lastwagen in Menschenmengen fahren können.

Multimedia-Show

Auf der Kölner Domplatte inszenierte der Berliner Lichtkünstler Philipp Geist eine Multimedia-Show, die sich nach Angaben eines Stadt-Sprechers bis zu 50 000 Menschen ansahen. Dabei wurden Wörter auf den Boden und an Häuser projiziert, die die Kölner in den Tagen zuvor vorgeschlagen hatten - etwa „Anstand“ und „Erinnerung“. Der Boden unter den Füßen driftete langsam weg, so die Illusion. Aus Lautsprechern tönten sphärische Klänge.

"Mitmenschlichkeit und Geschwisterlichkeit"

Kardinal Rainer Maria Woelki äußerte sich zuversichtlich, dass von Köln in dieser Silvesternacht eine friedliche Botschaft ausgehen werde. Die Wörter der Lichtinstallation zeigten: „Köln ist eine Stadt, die für Mitmenschlichkeit und Geschwisterlichkeit steht.“

Zuvor hatte Woelki in seiner Jahresabschluss-Predigt im Dom die vergangene Silvesternacht als „Katastrophe“ bezeichnet. Zeitgleich zum Silvester-Gottesdienst seien damals Hunderte Frauen einer Bedrohung ausgesetzt gewesen, „die so und in dem Ausmaß bislang nicht vorstellbar war“.

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