Wer profitiert von Trumps Triumph?

Am 4. Dezember wird in Österreich gewählt
Welche Parallelen es zwischen dem US-Wahlkampf und der heimischen Präsidentenwahl gibt.

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Die Amerikaner haben Donald Trump zum 45. Präsidenten gekürt. Wer in Österreich zum Staatsoberhaupt gewählt wird, entscheidet sich in dreieinhalb Wochen, bei der Wiederholung der Stichwahl am 4. Dezember. Lässt der überraschende Erfolg des US-Milliardärs Rückschlüsse auf die Hofburg-Wahl zu? Steigen durch den Sieg des populistischen Republikaners die Chancen für den freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer? Könnte Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen nun ein Clinton-Schicksal ereilen?

Anti-Establishment

"Ich glaube, dass das Ergebnis bei der US-Wahl Rückenwind für Hofer bedeutet, weil der Triumph eines Populisten auch bei uns den Populisten stärkt", sagt Politik-Expertin und Ex-Schüssel-Sprecherin Heidi Glück. Sie sieht mehrere Parallelen in den beiden Wahlkämpfen. "Hofer steht für das Anti-Establishment wie Trump. Er sagt, Van der Bellen sei der Kandidat der Eliten und der Schickeria. Das hat auch Trump über Hillary Clinton gesagt." Trumps "bewusste Offensive gegen political correctness" sei aufgegangen. Darauf setzt ja auch die FPÖ. Das komme dies- wie auch jenseits des Atlantiks "bei Leuten, die frustriert sind und sich vom System nicht unterstützt fühlen" gut an, analysiert Glück. Politik-Stratege und Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina ortet auch Gemeinsamkeiten bei den Wahlkämpfen, meint aber, dass sowohl Hofer als auch Van der Bellen vom Wahlergebnis profitieren kann – "Hofer, wenn er das Anti-Establishment-Thema weiter aufgreift, Van der Bellen, wenn er sich von selbigem abgrenzt."

Beide Kandidaten müssten jedenfalls "die diffusen Ängste, ob Arbeitslosigkeit, Pensionen oder Zuwanderung klar ansprechen, die Gefühle ernst nehmen und Lösungen anbieten. Wer etwa das Thema Zuwanderung ignoriert, wird verlieren. Und auch wenn Österreich immer noch eines der reichsten Länder der Welt ist, so kann man die sinkenden Familiennettoeinkommen, den sinkenden Konsum nicht wegreden." Auch Glück befindet, Van der Bellen dürfe "nicht den Schönredner geben, sonst kann er Hofer nicht den Wind aus den Segeln nehmen. Er muss die Sorgen der Menschen ansprechen."

Nach Trumps Sieg reiche es jedenfalls nicht aus, mit dem Ansehen Österreichs zu argumentieren – was Van der Bellen ja laufend tut. Denn viele Leute würden wohl sagen: "Wenn es sich Amerika leisten kann, Trump zum Präsidenten zu wählen, können wir auch Hofer wählen."

>> Norbert Hofer & Alexander Van der Bellen im Interview <<

Wer profitiert von Trumps Triumph?
Wahlplakat

Nicht viel Kreide fressen

OGM-Chef Wolfgang Bachmayer rechnet damit, dass der Wahlkampf in Österreich nun schärfer wird. "Es kann sein, dass Hofer aus der US-Wahl den Schluss zieht, dass zu viel Kreide fressen gar nicht der richtige Weg sein muss. Er muss mehr aufs Gas steigen." Denn gerade freiheitliche Wähler seien schwierig zu mobilisieren.

Van der Bellen wiederum muss laut Glück versuchen, jene Unzufriedenen zu erreichen, "die Hofer nicht wählen wollen, aber überlegen, ob sie überhaupt wählen gehen".

Manche davon hat er schon für sich gewonnen. Zwölf vornehmlich schwarze Bürgermeister aus Vorarlberg werben ab sofort für den ehemaligen grünen Frontmann, weil sie ein "weltoffenes und gastfreundliches Österreich" wollen. In Tourismusgemeinden wie Lech am Arlberg wird befürchtet, dass Gäste ausbleiben könnten, sollte Hofer Präsident werden.

Auch in Wien wird für "VdB" die Werbetrommel gerüht. SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl ließ affichieren: "Wir brauchen einen Präsidenten, der verbindet."

Hofer kann bis dato nicht auf Unterstützung aus anderen Polit-Lagern setzen. Ein Manko? Nicht unbedingt. Im ersten Wahlgang schaffte er auf Anhieb Platz eins (35 Prozent). Bei der ersten Stichwahl im Mai musste er sich nur knapp geschlagen geben – 31.000 Stimmen bzw. 0,6 Prozentpunkte trennten ihn von Van der Bellen.

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