Wer ist der 17-Jährige, der in Kenosha zwei Menschen tötete?
Kyle R. ist 17. Wählen darf er im November nicht, aber wenn er könnte, würde er wohl für Trump stimmen, den er gut findet. Einen Führerschein hat Kyle R. auch noch nicht - aber ein Sturmgewehr, wenn auch nicht legal.
Mit dem fuhr er von seiner Heimatstadt Antioch im benachbarten Bundesstaat Illinois nach Kenosha. Offenbar wollte er die Beamten unterstützen, die sich mit der dritten Gewaltnacht in Folge konfrontiert sahen. Hunderte Demonstranten hatten gegen die Schüsse auf Jacob Blake protestiert, dabei war es zu Brandstiftung, Plünderung und Zerstörung gekommen. Auch Polizisten waren verletzt worden.
Kenosha, Wisconsin, 23. August
Ein Video zeigt, wie der 29-jährige Blake auf ein Auto zugeht, gefolgt von zwei Polizisten, die ihre Pistolen auf seinen Rücken richten. Als Blake die Tür des Autos öffnet, in dem laut Anwalt drei seiner Söhne im Alter von drei, fünf und acht Jahren saßen, schießt einer der Beamten mehrmals auf ihn.
Gewalt und Plünderungen
Hunderte Menschen sind am Mittwoch den vierten Tag in Folge in der 100.000-Einwohner-Stadt auf die Straßen gegangen, um gegen Polizeigewalt zu protestieren. Die Proteste wurden von Brandstiftung und Plünderungen begleitet.
In der Nacht zum Mittwoch kam es dann zum Chaos. Wie R. waren auch andere bewaffnete Zivilisten angereist, es gab Auseinandersetzungen. Schüsse fielen. Sie sollen aus dem Gewehr von Kyle R. gekommen sein. In einem Video sieht man, wie er auf einer Straße läuft, mehrere Menschen hinter ihm her. Sie versuchen ihn zu überwältigen, er fällt auf den Boden und schießt panisch auf die Menschen. Einer bleibt liegen. Zuvor soll bereits ein anderer Mann seiner Kugel zum Opfer gefallen sein.
Voller Aufregung
Die Facebook-Seite von Kyle R. ist seit Mittwoch deaktiviert. Doch wie der Chicago Tribune beschreibt, hat der Teenager dort immer wieder seine Bewunderung für Polizei und Ordnungskräfte zum Ausdruck gebracht. Ein Foto zeigt ihn mit einem Gewehr, umrahmt mit dem Schriftzug "Blue Lives Matter", eine Kampagne, die sich - in Anlehnung an die "Black-Lives-Matter"-Bewegung - für härtere Bestrafung von Gewalt gegen Polizisten einsetzt.
Auf Facebook ist Kyle jetzt nicht mehr, seit er am Mittwoch festgenommen wurde. Dafür ist Kyles Gesicht jetzt auf mehreren Videos aus Kenosha zu sehen. Sie sind in der Nacht auf Dienstag aufgenommen worden, als mehrere, teils schwer bewaffnete Zivilisten nach Kenosha gekommen waren, um "Geschäfte zu beschützen", wie es hieß. Es ist das Gesicht eines Buben, voller Aufregung, dass er heute an etwas Bedeutendem teilhaben kann.
In einem Video ist er mit einer Gruppe Männer zu sehen, die gerade beraten, wie sie den gewaltbereiten Protestierenden Herr werden könnten, als gepanzerte Fahrzeuge neben ihnen Halt machen und sie fragen, ob sie Wasser brauchen. Kyle R. ist sehr aktiv, trägt seine Waffe und einen Arztkoffer und möchte helfen. Er holt Wasser für die anderen. Die Beamten aus den gepanzerten Fahrzeugen danken der Gruppe, sie "wissen ihre Anwesenheit zu schätzen", sagt einer.
Nachwuchs-Polizist
Kyle R. hatte schon als Kind an Trainingsprogrammen für die Polizei in Antioch teilgenommen. Beamte aus genau diesem Polizeidistrikt haben ihn später verhaftet. Er wartet in einem Jugendgefängnis in Illinois auf seine Anhörung am Freitag.
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Er soll von Illinois nach Wisconsin überstellt werden, wo er sich wegen zweifachen Mordes verantworten muss. Seine Opfer sind der 26-jährige Anthony Huber, der versucht hatte, R. mit seinem Skateboard zu überwältigen, und ein 36-Jähriger, dessen Name zunächst nicht bekanntgegeben wurde. Auf Twitter kursierte der Name Joseph R., dieser soll ein Sexualstraftäter aus Kenosha sein.
Ein weiterer 26-Jähriger wurde schwer verletzt. Gaige G. war auf Fotos zu sehen, auf denen er selbst eine Pistole in der stark blutenden Hand hielt. Mittlerweile hat sich in sozialen Medien eine Petition verbreitet, die seine Verhaftung wegen versuchten Mordes verlangt. Demnach wollte er Kyle R. erschießen.
Trump Fan
War es seine Liebe zu "Law & Order" oder weil er Waffenbesitzer ist - R. unterstützte jedenfalls den Wahlkampf von Donald Trump. Im Jänner nahm er an dessen Rally in Iowa teil und postete selbst Videos davon.
Die scheidende Trump-Beraterin Kellyanne Conway wies am Mittwoch Zusammenhänge von sich, als sie nach Kyle R. gefragt wurde: "Wir sind nicht verantwortlich, was die Menschen, die auf unseren Veranstaltungen teilnehmen, privat machen."
Tucker Carlson, rechter Scharfmacher auf dem Sender Fox-News, der für seine rassistischen Aussagen bekannt ist, verteidigte den Teenager. Seine Aktionen seien "verständlich". Kenosha sei in Anarchie gerutscht, weil die zuständigen Behörden es im Stich gelassen haben. "Sind wir also wirklich überrascht, dass Plünderungen und Brandstiftung in Mord münden? Wie schockiert sind wir, dass 17-Jährige entscheiden, dass sie die Ordnung aufrecht erhalten müssen, wenn es sonst niemand macht?"
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