Wer fürchtet sich vor Nordkorea?
Jeden Tag dreht Nordkorea die Eskalationsschraube weiter. Zwei Mal drohte Diktator Kim Jong Un den USA bereits mit einem Atomschlag. Was, so fragt sich die ganze Welt, führt das Regime in Pjöngjang im Schilde, und wie hoch ist die Kriegsgefahr wirklich? Der KURIER versucht die wichtigsten Fragen der jüngsten Nordkorea-Krise zu beantworten.
Will Nordkoreas Diktator Kim Jong Un Krieg? Gegen wen und warum?
Selbst in den USA, Hauptziel der martialischen Drohungen aus Nordkorea, bleibt man gelassen. Aller Kriegsrhetorik zum Trotz hat Nordkorea auf dem Boden der realen Tatsachen bisher keine militärischen Schritte gesetzt, die einen tatsächlichen Raketenangriff erkennen lassen würden. „Das Risiko gefährlicher Zwischenfälle ist groß“, sagte gestern ein Berater von US-Präsident Obama, „aber die US-Regierung geht davon aus, dass Nordkorea nicht in den Krieg ziehen wird. Das wichtigste und erste Ziel des Regimes in Pjöngjang ist es, sein System zu erhalten.“ Ein Krieg, den Nordkorea nie gewinnen könnte, wäre auch das Ende der Kim-Diktatur.
Warum kämpft das bitterarme Nordkorea darum, Atomwaffen zu besitzen?Seit Jahrzehnten sieht das Regime darin eine Art Lebensversicherung. Als Nuklearstaat , so das Kalkül, sei man vor Angriffen und Invasionen geschützt. Von seiner Atompolitik wird das Regime deshalb trotz aller UN-Sanktionen nicht abrücken.
Warum stößt Nordkoreas Führung immer neue Drohungen aus, was will Pjöngjang wirklich?
Die alljährlichen, bis Ende April dauernden Manöver südkoreanischer und amerikanischer Truppen haben in Pjöngjang schon bisher immer wütende Kriegsrhetorik ausgelöst – nie allerdings so heftig wie derzeit. Zudem wurde Nordkorea heuer mit den bis dato strengsten UN-Sanktionen belegt, was Nordkorea ebenfalls schwer erzürnte. Mit martialischen Gebärden nach außen könnte der erst seit 16 Monaten amtierende Jung-Diktator zudem seine Stellung im Inneren festigen, vermuten Experten in Seoul – zumal es im Vorjahr auch Kritik des allmächtigen Militärs an Kim Jong Un gegeben haben soll. Dieser hatte die Armeespitze abberufen und mit seinen Getreuen nachbesetzt. Südkoreanischen Geheimdienstberichten zufolge ließ der Diktator daraufhin seine Häuser monatelang mit gepanzerten Wagen umstellen und seinen Personenschutz massiv verstärken.
Spüren auch die Nordkoreaner die Spannungen?
Nordkoreas Medien schüren unablässig die Angst vor einer Invasion der „amerikanischen Imperialisten“. Doch daran sind die Menschen gewöhnt. Deutlich zugenommen haben hingegen im Vormonat die Luftschutzübungen für Zivilisten. Teilzunehmen ist Pflicht – auch wenn man dafür stundenlang in eiskalten Bunkern sitzen muss.
Bedeutet die Ernennung eines neuen Premiers ein Signal für Wirtschaftsreformen?
Tatsächlich hatte der nun wieder eingesetzte Ministerpräsident Pak Pong Ju schon einmal erfolgreich Wirtschaftsliberalisierungen durchgesetzt, ehe er wieder abgesetzt worden war. Will Pjöngjang nun aber Reformen angehen, braucht das Land Frieden – und massive internationale Wirtschaftshilfe. Gegen Reformen spricht auch Nordkoreas Blockade seines eigenen, bisher erfolgreichsten Wirtschaftsmodells: Die von Südkorea finanzierte Sonderwirtschaftszone Kaesong ist seit drei Tagen gesperrt. Wird sie, wie Nordkorea nun droht, ganz gesperrt, entgehen dem Regime jährlich Einnahmen von 100 Mio. Dollar.
Gibt es einen Weg, Nordkorea friedlich einzubremsen?
So lange Nordkorea seine selbst gewählte Abschottung von der ganze Welt weiter pflegt, hat nur sein Nachbar China – begrenzten – Einfluss. Über Peking laufen die einzigen noch offenen Finanzflüsse, ohne Chinas Ölexporte würden Nordkoreas Energieversorgung und Industrieproduktion zusammenbrechen. Doch Chinas primäres Interesse an Nordkorea ist eine stabile Nachbarschaft. Maßnahmen, die das Regime in Pjöngjang schwächen oder gar stürzen könnten, wird China nicht setzen.KURIER.at/auslandLaufend aktuelle Berichteüber den Atomstreit zwischen Nordkorea und den USA sowie mehr Informationen über die Atommächte finden Sie online.
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