aus Paris Simone Weiler
Emmanuel Macron tritt fortan in einer dreifachen Rolle auf: als französischer Staatschef, als Präsident des rotierenden EU-Vorsitzlandes und nun auch als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im April. Am vergangenen Freitag und damit just zur auslaufenden Frist hat der 44-Jährige in einem "Brief an die Franzosen" offiziell erklärt, dass er sich um eine zweite Amtszeit bewirbt. Nun wechselt er zwischen Gesprächen mit Staats- und Regierungschefs und klassischen Wahlkampfauftritten.
Den ersten hatte er am Montagabend in einem Gemeindesaal im Pariser Vorort Poissy in Anwesenheit wohlgesonnener Bürger, die ihm vorab abgestimmte Fragen stellten. Eine große Kundgebung in Marseille, wie sie die anderen Kandidaten schon abgehalten haben, wurde nun zum zweiten Mal abgesagt. Die Begründung: Aufgrund des Ukraine-Kriegs bleibe dem Präsidenten sehr wenig Zeit für die Wahlkampagne.
"Ich werde so viel Präsident sein, wie ich muss, und werde Kandidat sein, sobald ich kann", formulierte es Macron. Für eine Fernsehdebatte mit den anderen elf Bewerbern stehe er deshalb nicht zur Verfügung, keiner seiner Vorgänger hat das bisher abgesagt. Auch wurde bisher kein Wahlprogramm veröffentlicht. Sein "Brief an die Franzosen" enthielt lediglich einige Schlagworte.
In der Krise zurück zum Bewährten
Ein Blick auf die jüngsten Umfragen zeigt, dass Macron absoluter Favorit ist, ohne intensiv Wahlkampf zu führen – seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine mehr denn je. Konnte er seit Monaten auf eine Basis von rund 24 Prozent der Wählerstimmen setzen, so legte er innerhalb einer Woche auf 33,5 Prozent zu. Seit Jahren fordert Macron, dass Europa in Sachen Energie und Verteidigung unabhängiger werden müsse. Das klingt heute aktueller denn je.
Das Nachsehen haben alle anderen – oder fast. Die Republikanerin Valérie Pécresse liegt mit 10,5 Prozent nur noch an fünfter Stelle. Zweitplatzierte bleibt Rechtspopulistin Marine Le Pen, die um zwei Punkte auf 15 Prozent abfiel. Sie zahlte für ihre bisherige Bewunderung für Wladimir Putin, ebenso wie der Rechtsextreme Éric Zemmour (11 Prozent).
Kommentare