Weltpremiere: Wenn Bürger per Los mitten in der Politik landen

Die Bürgerversammlung in Eupen, Ostbelgien
Ganz normale Bürger schlagen Gesetze vor - Im Osten Belgiens läuft ein Experiment gegen die Demokratiemüdigkeit.

Irgendwann am späten Nachmittag rauchen dann die Köpfe. Seit neun Uhr früh prasseln im Sitzungssaal des Regionalparlaments der deutschsprachigen Gemeinde Eupen im Osten Belgiens die Informationen auf 28 Bürger nieder. Der jüngste von ihnen ist 17 Jahre alt, die Ältesten sind Pensionisten. Sie sind Lehrer, Studenten, Mechaniker, Hausfrauen, Heizungstechniker, Beamte – und hatten allesamt mit Politik bisher nichts am Hut.

Jetzt aber sitzen sie hier in großer Runde, hören sich geduldig alles an, was es zum Thema „Pflege“ zu sagen gibt. Der Gesundheitsminister Ostbelgiens ist gekommen, Pflege-Experten und Ausbildner ebenso. Mit großem Eifer sind die 28 Bürger dabei, denn es sei ihnen bewusst, wie eine Teilnehmerin stolz sagt: „Vielleicht schreiben wir Geschichte!“

Tatsächlich sind sie Pioniere, die 28 ganz normalen Bürger hier. Per Los wurden sie unter den 78.000 Einwohnern der Stadt Eupen ausgewählt. „Erst dachte ich mir: Was soll ich damit?“, erzählt Alois Hendges, als ihm das Schreiben ins Haus flatterte: Er könne beim „Bürgerdialog“ mitmachen, hieß es. „Aber jetzt sage ich mir: Vielleicht kann ich ja was bewegen. Und vielleicht hilft es mir später einmal?“

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