Weißrussische Opposition erhält renommierten Sacharow-Preis

Trotz Gewalt und drohender Haft gehen Woche für Woche zigtausende Weißrussen gegen Diktator Lukaschenko auf die Straße
EU-Parlamentarier setzen Zeichen der Ermutigung an die Aktivisten in Weißrussland: "Sie haben die Wahrheit auf Ihrer Seite"

Der renommierte Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments geht in diesem Jahr an die Opposition in Weißrussland (Belarus). Die Vertreter der Opposition verkörperten tagtäglich den Kampf für Menschenrechte und Meinungsfreiheit, sagte EU-Parlamentspräsident David Sassoli am Donnerstag bei der Bekanntgabe im Plenum in Brüssel. Sie alle seien starke Menschen angesichts eines sehr mächtigen Gegners. „Aber sie haben etwas auf ihrer Seite, das rohe Gewalt niemals besiegen kann: die Wahrheit.“

Weißrussische Opposition erhält renommierten Sacharow-Preis

EU-Parlamentspräsident Sassoli an die Aktivisten in Weißrussland: "Sie haben die Wahrheit auf Ihrer Seite"

Das EU-Parlament ist die erste Institution, die die Proteste auf internationaler Ebene mit einer Auszeichnung würdigt. Damit wolle man den Menschen das Zeichen geben, weiterhin stark zu sein. „Verzichten Sie nicht auf Ihren Kampf“, sagte Sassoli. Die Auszeichnung richte sich an die demokratische Opposition in Weißrussland vertreten durch den Koordinierungsrat, politische Aktivistinnen wie Swetlana Tichanowskaja und Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft wie die politisch engagierte Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch, erklärte das Europaparlament.


Der Preis selbst wird am 16. Dezember im Rahmen einer Zeremonie im Plenarsaal des Parlaments verliehen.

Weißrussische Opposition erhält renommierten Sacharow-Preis

Starke Stimme der Weißrussen: Swetlana Tichanowskaja in Berlin 

Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es in Belarus regelmäßig Proteste. Das Land steckt in einer schweren innenpolitischen Krise. Die frühere Fremdsprachenlehrerin Tichanowskaja gilt als Anführerin der Demokratiebewegung. Die 38-Jährige hatte überraschend eine Zulassung zur Präsidentenwahl erhalten, nachdem Machthaber Alexander Lukaschenko ihren Ehemann im Gefängnis hatte einsperren lassen. Ihr Mann Sergej Tichanowski erhielt ebenso wenig eine Zulassung zur Wahl wie der zum Start des Wahlkampfes inhaftierte Viktor Babariko. Tichanowskaja hatte trotz Drohungen der Behörden kandidiert.

Starke Stimme

Tichanowskaja musste mittlerweile ins Ausland flüchten. Aber sie ist die führende Stimme im Exil gegen Lukaschenko. Sie trifft immer wieder auf internationaler Ebene Staats- und Regierungschefs, unter ihnen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die EU erkennt Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten an und hat Tichanowskaja und der Demokratiebewegung breite Unterstützung zugesichert. Belarus sieht sie als Gefahr für die nationale Sicherheit und hat die Bürgerrechtlerin deshalb zur Fahndung ausgeschrieben.

Seit 1988 vergeben

Der nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannte Preis wird seit dem Jahr 1988 an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. 

Neben der belarussischen Opposition waren auch die ermordete honduranische Aktivistin Berta Cáceres und weitere Umweltaktivisten sowie der Erzbischof der nordirakischen Stadt Mossul, Nadschib Michail Musa, in der engeren Auswahl für die Auszeichnung. Im vergangenen Jahr ging der Menschenrechtspreis an den chinesisch-uigurischen Wirtschaftswissenschaftler und Regierungskritiker Ilham Tohti.

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