Sperrstunde wegen Corona: Wenn in Berlin die Lichter ausgehen

Sperrstunde wegen Corona: Wenn in Berlin die Lichter ausgehen
Die Corona-Neuinfektionen in Berlin nehmen immer mehr zu: Seit Samstag gilt in der Hauptstadt deswegen die Sperrstunde von 23 bis 6 Uhr.

Oranienburger Straße, Berlin-Mitte, kurz vor 23 Uhr. Zwei Touristinnen sitzen in Decken gehüllt im Außenbereich einer Bar und wollen noch eine Runde bestellen. „Sorry“, sagt der Kellner. Und erklärt, dass sie jetzt gleich zusperren müssen. Das können die zwei Frauen zunächst nicht so ganz glauben.

Seit Samstag ist in Berlin, einer der größten Partystädte der Welt, eine neue Verordnung in Kraft: Von 23 Uhr bis 6 Uhr müssen Restaurants, Bars und Geschäfte wie Supermärkte und Spätverkäufe – bekannt als „Spätis“: kleine Läden, die Zigaretten, Alkohol, Süßes wie Saures verkaufen – schließen. Wer offen lässt, riskiert eine Geldstrafe von 5.000 Euro.

Berliner Gastronomen kritisieren die Entscheidung des Senats – eine Gruppe ging gar per Eilantrag beim Verwaltungsgericht dagegen vor. Mit einem Ergebnis ist kommende Woche zu rechnen.

"Risikostädte": Köln, Frankfurt, Stuttgart

Grund für die neue Verordnung: Am Donnerstag hatte Berlin die Grenze von 50 Neuinfektion pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen überschritten. Die Stadt ist also ein Risikogebiet. Genauso wie Köln, Frankfurt am Main und Stuttgart.

In der Main-Metropole darf seit Freitag kein Alkohol mehr zwischen 22 Uhr und 6 Uhr im öffentlichen Raum konsumiert werden. Zudem will man in großen Einkaufsstraßen und -passagen eine Maskenpflicht einführen.

In Baden-Württembergs Landeshauptstadt bereitet man laut Berichten ebenfalls Maßnahmen wie Sperrstunde und Alkoholverbote vor. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) appellierte in der "Bild am Sonntag" vor allem an jüngere Bürger. „Ich kann ja verstehen, dass die Jungen gern feiern würden. Doch sie müssen jetzt solidarisch mit den Alten sein, so wie die Alten beim Kampf gegen den Klimawandel solidarisch mit den Jungen sein müssen.“

In Berlin verzeichnen die Bezirke mit den bekannten Ausgehmeilen die höchsten Zahlen an Neuinfektionen: Kreuzberg, Neukölln, Friedrichshain und Mitte. Über Sinn und Zweck, die Zahlen mit eingeschränkten Ausgehzeiten einzudämmen, wird am Samstag auch in der U-Bahn diskutiert: Ihr gruselt vor einer Sperrstunde, sagt eine Frau zu ihrer Begleiterin. Gleichzeitig versteht sie es – „wenn sich die Leute nüscht an die Regeln halten, geht’s nicht anders“, berlinert sie. Ihr Gegenüber ist aber überzeugt: „Die werden wo anders weiterfeiern.“

Das ist auch der Plan einer Jugendlichen abends in Schöneberg. Kurz nach 23 Uhr gehen die Lichter in ihrer Stammkneipe aus. Mit Bier in der Hand ziehen sie weiter zu einem Freund, sagt einer. Falls sie dort weniger als zehn Personen waren, dürften sie keine Probleme bekommen haben. Laut Verordnung sind in privaten Innenräumen maximal zehn Menschen aus verschiedenen Haushalten erlaubt.

Wie viele Verstöße es am ersten Sperrstunden-Wochenende in Berlin gab, ist noch nicht bekannt – es dürfte aber Protest gegeben haben. Via Twitter ließ die Polizei nur wissen, was gemäß Infektionsschutzgesetz nicht verboten, aber aus ihrer Sicht unanständig gewesen ist: Eierwürfe auf die Kollegen.

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