"Urlaubsverbot" für Deutsche: Neue Corona-Regel sorgt für Chaos
Wer in Berlin-Neukölln wohnt und die jetzt beginnenden Herbstferien nutzen wollte, um eine Corona-Verschnaufpause in Bayern einzulegen, hat ein Problem: Ausreisen darf man aus dem Berliner „Risikogebiet“ nämlich schon noch, nur in Bayern übernachten darf man nicht mehr.
Die Mehrheit der deutschen Bundesländer hat sich am Mittwoch darauf verständigt, ein „Beherbergungsverbot“ für Personen aus Risikogebieten zu erlassen. Urlauber aus Corona-Hotspots sollen so zum Daheimbleiben verdonnert werden – eine nachvollziehbare Idee angesichts von steigenden Neuinfektionen; 4000 waren es von Mittwoch auf Donnerstag.
Mehr Chaos als Einheitlichkeit
Doch wie es aussieht, dürfte der Schritt, der den Flickenteppich an Corona-Regelungen in Deutschland hätte vereinheitlichen sollen, zu noch mehr Chaos führen: Denn nicht alle Bundesländer ziehen bei der Neuregelung mit, zumindest drei haben sich dagegen ausgesprochen. Passenderweise sind das vor allem jene Länder, die selbst auffallend viele Risikogebiete aufweisen, wie etwa Thüringen, Bremen und Berlin.
In der deutschen Hauptstadt, in der allein vier Bezirke als Hotspot gelten, liegt die Sieben-Tages-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, über 50. (Zum Vergleich: In Wien liegt dieser Wert derzeit bei 149,2).
Hoteliers sind verunsichert
Dass das ausgerechnet zum Beginn der Herbstferien in einigen deutschen Bundesländern passiert, macht die Sache noch komplizierter. Viele Deutsche haben Urlaub im eigenen Land gebucht; am Samstag startet die erste Reisewelle.
Hoteliersverbände beschweren sich darum nun, dass die Regelung deutlich zu wenig Vorlaufzeit gehabt haben – und dass es massive Fragen der Überprüfbarkeit gibt: In Deutschland gilt für deutsche Reisende keine Ausweispflicht in Hotels; Urlauber könnten also theoretisch einfach falsche Angaben machen. Zudem stelle sich die Frage, was man mit einem Gast aus einem Risikogebiet machen solle, der einfach anreist – solle man den wieder wegschicken?
Freitesten möglich
Dazu kommt der Umstand, dass sich die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz stetig ändert – und dass nicht alle Bundesländer dieselben Risikogebiete ausweisen. So nehmen manche Länder jene Regionen aus, in denen es nur "abgegrenzte Cluster" gebe; in Bayern gibt es zudem Ausnahmen für Personen, die aus persönlichen Gründen reisen müssen – etwa wegen der Arbeit oder um die Familie zu besuchen.
Zudem kann man sich per Test den Urlaub sichern. Wer einen negativen PCR-Test vorlegt, der nicht älter als 48 Stunden ist, kann ebenso problemlos reisen. Doch auch diese Regelung stößt manchem sauer auf: Viele Deutsche, die jetzt einen Urlaub gebucht hatten, müssten die Anreise um einige Tage verschieben und die Kosten für den Test auf sich nehmen, kritisiert etwa der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband. Eine Stornierung, die – so sehen es zumindest Reiserechtler – ohne Kosten möglich sein müsste, wird da für viele die einfachere Möglichkeit sein.
Zweifel gibt es zudem auch an der Sinnhaftigkeit der Maßnahme. Der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach, selbst Mediziner, sagte mit Verweis auf die massiv steigenden Zahlen: "Wir werden bald so viele betroffene Regionen haben, dass die Regel kaum umsetzbar, geschweige denn kontrollierbar ist." Möglich wäre so ein gegenteiliger Effekt: Viele Deutsche würden so wieder vermehrt ins Ausland reisen, weil das einfacher sei.
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