Einschlag einer ukrainischen Rakete auf der Halbinsel Krim, eine massive Explosion – mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein russisches Boden-Luft-Raketensystem. Ob es sich dabei um das hochmoderne S-400 oder das etwas ältere S-300 handelt – darüber gibt es derzeit unterschiedliche Versionen. Fakt ist, dass eine ukrainische Drohne ungestört filmen konnte, wie das russische System vernichtet wurde. Und das in einer Hochsicherheitszone.
➤ Die F-16-Jets kommen, aber zu spät
Russische Militärblogger fordern einmal mehr eine entsprechende Reaktion aus Moskau – zahlreiche NATO-Aufklärungsflugzeuge seien in den vergangenen Tagen in der Näher der Krim gesichtet worden. „Es ist dringend notwendig, unsere Partner an eine weitere rote Linie zu erinnern. Für den Fall, dass sie es vergessen haben“, schrieb etwa der prorussische Kanal „Militärbeobachter“.
"Rote Linien"
Moskaus „rote Linien“, die im Westen die Furcht, zu einer weiteren Eskalation des Krieges beizutragen, schüren, sind derzeit allerdings sowieso Thema: In Deutschland schweigt Olaf Scholz beharrlich zu etwaigen Lieferungen der Taurus-Marschflugkörper.
➤ Zu viel zum Sterben
Und auch die USA halten sich bei schwerem Spezialgerät wie F-16, Langstreckenraketen oder auch Kampfpanzern, zurück. Oftmals mit dem Argument, die Eskalation nicht beschleunigen zu wollen. Dazu zitierte die einflussreiche Washington Post in den vergangenen Tagen zweimal US-Strategen, die den Verlauf der ukrainischen Offensive kritisieren. Nun zog auch die New York Times nach:
Die ukrainischen Streitkräfte seien zu weit verteilt aufgestellt. Um durchzustoßen, müssten sie sich entlang der Hauptfront im Süden konzentrieren, schrieb die Zeitung unter Berufung auf nicht namentlich genannte US- und andere westliche Beamte. Kiew habe zu viele Soldaten, darunter einige der besten Kampfeinheiten, an den falschen Orten stationiert. Vor allem aus diesem Grund habe das ukrainische Militär auch Schwierigkeiten, den russischen Verteidigungsgürtel zu durchbrechen.
Klar ist aber auch, dass die Minenfelder es massiv erschweren, mit größeren Verbänden in einer breiteren Formation anzugreifen. Um diese Minen zu entdecken und zu entschärfen, wären ungleich mehr Mittel notwendig – und Zeit, die meist nicht bleibt. Denn durch die starke Drohnenaufklärung sehen die russischen Streitkräfte die Bewegungen der Ukrainer meist schon im Voraus.
➤ Militärexperte zur Gegenoffensive: „Bis auf die USA könnte das keine NATO-Armee“
Das Hauptziel der Gegenoffensive besteht darin, die russischen Versorgungslinien in der Südukraine abzuschneiden, indem die russische Landverbindung zur Halbinsel Krim unterbrochen werde. Doch anstatt sich darauf zu konzentrieren, haben die ukrainischen Kommandanten ihre Truppen und ihre militärische Schlagkraft nach Einschätzung der US-Beamten etwa gleichmäßig auf den Osten und den Süden verteilt, wie die New York Times weiter berichtete. Die Städte Melitopol und Berdjansk im Süden seien aber strategisch weitaus bedeutender.
Heftige Kämpfe
US-Strategen raten deshalb der Ukraine, sich darauf zu konzentrieren, die Front in Richtung Melitopol voranzutreiben und russische Minenfelder sowie andere Verteidigungsanlagen zu durchbrechen - auch wenn die Ukrainer dabei weitere Soldaten und Ausrüstung verlieren.
➤ Todeszone: Welche Stellungen zwischen Ukrainern und ihrem Ziel liegen
In dieser Richtung finden derzeit heftige Kämpfe statt – die ukrainischen Streitkräfte sind im Begriff, die lange umkämpfte Ortschaft Robotyne einzunehmen. Gelingt es ihnen, wird es notwendig sein, selbst Stellungen auszubauen und zu halten, sodass weitere Vorstöße möglich sind. Bis zur Stadt Tokmak, wo sich ebenfalls stark befestigte russische Stellungen befinden, wären es 22 Kilometer und drei ausgebaute, russische Verteidigungslinien. Melitopol liegt etwa 73 Kilometer Luftlinie von Robotyne entfernt. Bisher sind die ukrainischen Streitkräfte am Abschnitt in Richtung Melitopol sieben Kilometer vorgestoßen.
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