Was bringt Straches Flirt mit den Visegrád-Staaten?

FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache und SPÖ-Chef Christian Strache im ORF-Duell.
Faktencheck. EU-Experte sieht primär "Nachteile".

In der ORF-Debatte Montagabend stellte FPÖ-Chef Christian Strache den Beitritt Österreichs mit der Visegrád-Gruppe in den Raum. "Österreich sollte mit diesen Staaten vermehrt zusammenarbeiten, vielleicht sogar Mitglied der Visegrád-Gruppe werden."Zur Geschichte: Das Bündnis wurde 1991 von Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn in Visegrád (V4) gegründet um eine Freihandelszone zu bilden. Die V4-Länder stimmen sie sich eng in EU-Fragen ab: Nationale Alleingänge und systematische Verstöße gegen EU-Recht, vor allem in Polen und Ungarn, stehen auf der Tagesordnung. "Formal könnte Österreich V4-Mitglied werden, entweder durch einen Antrag oder die Einladung eines der V4-Staaten zum Beitritt", sagt der Europarechtsexperte Walter Obwexer zum KURIER. Alle V4-Länder müssen der Aufnahme zustimmen. Auf die EU-Mitgliedschaft Österreichs hätte ein V4-Beitritt rechtlich keine direkten Auswirkungen, betont der Uni-Professor.

Partnersuche wird schwierig

Politisch würde das aber bedeuten, dass "Österreich dieser Gruppe zugerechnet würde, sich in wesentlichen Fragen mit den Visegrád-Staaten abstimmen und in den EU-Organen entsprechend verhalten sollte, eine völkerrechtliche Verpflichtung dazu gäbe es allerdings nicht. Das Suchen und Finden anderer Verbündeter würde dadurch entsprechend erschwert", erklärt Obwexer.Auf die Frage, ob eine Visegrád-Mitgliedschaft einen Vorteil für Österreich hätte, antwortet der Jurist vorsichtig: "Ein Nutzen würde sich für Österreich nur dann ergeben, wenn seine EU-Politik in allen wichtigen Fragen mit der Europapolitik der V4 übereinstimmte; sollte dem nicht so sein, was derzeit wohl zutrifft, würde eine V4-Mitgliedschaft mehr Nachteile (Gruppendruck, Einordnung in ein bestimmtes politisches "Lager") als Vorteile (gemeinsamer Einsatz für bestimmte Lösungen) bringen.Spitzendiplomaten sehen den Strache-Vorstoß skeptisch. "Österreich würde sich in die Schmuddelecke der EU begeben", heißt es in Brüssel. "In dieser Gruppe tummeln sich die Nationalisten. Es ist nicht verwunderlich, dass die FPÖ diese Annäherung möchte", sagte ein Botschafter. Ein Dokument der Stiftung der rechtsextremen EU-Parlamentsfraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (Le Pen-Fraktion, in der auch vier FPÖ-Abgeordnete sind) beschäftigt sich intensiv mit der "Perspektive Österreichs als Mitglied des Visegrád-Staatenbundes". Darin heißt es, dass FPÖ-Politiker Norbert Hofer schon 2016 diese Frage mit Tschechiens Präsident Miloš Zeman besprochen habe. Zeman wollte Österreich und Slowenien einladen, Ungarn war damals dagegen. Der Vizechef der konservativen, EU-ablehnenden tschechischen Partei ODS, Jan Zahradil, sagte gestern, er könne sich eine Aufnahme Österreichs in die Visegrád-Gruppe vorstellen.

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