Neu ist der Trend nicht. Seit 2013 verliert Paris jährlich mindestens 10.000 Menschen, weil deutlich mehr gehen als kommen. Inzwischen ist die Einwohnerzahl mit 2,14 Millionen Menschen die niedrigste seit den 1930er-Jahren, als dem französischen Statistikamt Insee zufolge die Schrumpfung der größten Stadt Frankreichs begann. Eingerechnet wird dabei nur die Fläche „intra muros“ (innerhalb der Mauern, also die Kernstadt). In der Hauptstadtregion Île-de-France insgesamt leben hingegen 12,4 Millionen Personen.
In diesen Ballungsraum ziehen einer Insee-Studie zufolge mehr als die Hälfte der Menschen, die das Zentrum verlassen. Doch auch dort sinken die Einwohnerzahlen. „Viele Paare, die zuvor in Paris waren, gehen zunächst dorthin, ehe sie ganz in die Provinz umziehen“, erklärte François Dubujet, Verantwortlicher für die Studie bei deren Erscheinen.
Mehr als ein Drittel der Betroffenen behält ihren Job und pendelt aus Städten wie Lille und Nantes. Diese Zahlen stammen zwar von der Zeit vor der Corona-Pandemie, doch Dubujet zufolge handelt es sich um strukturelle Entwicklungen, die sich seitdem verstärkt haben, zumal Homeoffice immer üblicher wird.
Hauptgründe für die Stadtflucht sind die hohen Mieten, die starke Luftverschmutzung und die geringe Zahl an Grünflächen in der Hauptstadt. Wer sich in Paris nur eine kleine Wohnung leisten kann, verfügt in der Provinz oft über ein Haus mit Garten für denselben Preis.
Einer Studie des Magazins The Economist von Ende November zufolge befand sich Paris zwar „nur“ noch auf dem neunten Platz der teuersten Städte weltweit. Doch erschwinglich ist sie nur für die Oberschicht. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis liegt über 10.000 Euro, in manchen Vierteln ist es deutlich mehr. Es gibt zwar einen Mietpreisdeckel, doch der gemeinnützigen Abbé-Pierre-Stiftung zufolge halten sich die Vermieter in fast einem Drittel der Fälle nicht daran.
Starke Preissteigerungen wurden zuletzt vor allem bei den schicken Gegenden im Zentrum verzeichnet, vor allem im sechsten, siebenten und achten Arrondissement. Bis zu 25 Prozent der Käufer sind dort Ausländer, vor allem US-Amerikaner. In manchen Vierteln gibt es kaum mehr Supermärkte, Fleischhauer oder Bäckereien, weil die Wohnungsbesitzer nicht das ganze Jahr über hier sind – und wenn doch, dann oft essen gehen.
Regelmäßig greift die Opposition die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo aufgrund dieses Exodus’ an. Dabei hat die Sozialistin etliche Maßnahmen beschlossen, die dem entgegenwirken sollen: Die 63-Jährige lässt den Autoverkehr einschränken, Radwege ausbauen, Bäume pflanzen, Grünflächen einrichten.
Bis 2025 soll es 25 Prozent Sozialwohnungen geben, die Steuern auf einen Zweitwohnsitz wurden erhöht und die Regeln für die Vermietung von Wohnungen verschärft, damit das Zentrum nicht nur attraktiv für Touristen ist. Sondern es wieder Kinder, Familien, ja Pariser gibt in einer Stadt, die zwar brodelt, die quirlig und attraktiv ist. Aber eben nicht für jene Menschen, die einfach ihren Alltag hier leben wollen.
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