Denn die Technologie von Weltraumraketen und militärischen Langstreckenraketen unterscheidet sich laut Experten kaum. Wenn Nordkorea also tatsächlich eine Rakete entwickelt hat, die in der Lage ist, einen Satelliten in den Orbit zu bringen, liegt die Vermutung nahe, dass das Regime auch eine Rakete bauen kann, die einen Gefechtskopf von der Größe eines Satelliten über weite Strecken transportieren kann.
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol warnte bereits vergangene Woche, der erfolgreiche Start eines nordkoreanischen Aufklärungssatelliten würde bedeuten, dass die Fähigkeiten des Landes hinsichtlich ballistischer Interkontinentalraketen eine höhere Stufe erreicht hätten.
Und die Sprecherin des US-Sicherheitsrates Adrienne Watson sagte am Dienstag, der Satellitenstart erhöhe die bestehenden Spannungen und riskiere, die Sicherheitssituation in der Region und darüber hinaus weiter zu destabilisieren.
Im Verteidigungsministerium in Seoul geht man laut Nachrichtenagentur Yonhap vom Erfolg der Mission aus, definitiv bestätigen konnten weder Südkorea noch Japan und die USA vorerst jedoch nicht, dass der Malligyong-Satellit tatsächlich die Erdumlaufbahn erreicht hat.
Wie konnte Nordkorea Rakete und Satellit entwickeln?
Was er leisten kann, ist demzufolge erst recht unklar. Laut dem britischen Guardian vermuten einige zivile Experten, "Malligyong" könne wohl nur größere Objekte wie Kriegsschiffe und Flugzeuge identifizieren. Der - angekündigte - Start weiterer Satelliten würde die nordkoreanischen Möglichkeiten, südkoreanische, japanische und US-amerikanische Truppen aus der Ferne zu beobachten, jedoch erheblich erhöhen.
Eine ebenso relevante Frage ist aber, wie das isolierte Regime die Chollima-1-Trägerrakete und den Satelliten trotz bestehender UN-Sanktionen entwickeln konnte. Im Mai und im August waren versuchte Satellitenstarts noch gescheitert. Von manchen Expertinnen und Experten wird daher vermutet, dass Russland seinem Partner wieder einmal unter die Arme gegriffen hat, möglicherweise auch im Austausch für bis zu zehn Millionen Artilleriegranaten, die Nordkorea den Russen für den Krieg in der Ukraine liefern soll.
Bei einem Russland-Besuch im September hatte Kim Wladimir Putin seine "volle Unterstützung" in dessen "heiligen Kampf" gegen den Westen versichert. Medienberichten zufolge hatte Putin Kim bei dieser Gelegenheit im Gegenzug Hilfe beim stockenden Satellitenprogramm Nordkoreas zugesagt.
Die Strategie Kims ist klar
Leif-Eric Easley, Professor für internationale Beziehungen an der Ewha-Universität in Seoul, betont gegenüber dem Guardian, es gebe "viele Gründe", bezüglich der nordkoreanischen Satelliten-Erfolgsmeldungen skeptisch zu sein. Es sei aber "bereits klar, dass das kein einmaliger Vorfall ist, sondern Teil einer nordkoreanischen Strategie, die militärischen Fähigkeiten Vorrang gegenüber wirtschaftlicher Entwicklung einräumt, Südkorea eher zu bedrohen, anstatt sich auszusöhnen und sich weiter mit Russland und China zu verbünden, anstatt die Diplomatie mit den USA zu suchen".
Letztere haben bereits reagiert und ließen das U-Boot USS Santa Fe im südkoreanischen Busan einlaufen, nachdem der Flugzeugträger USS Carl Vinson mitsamt seinen Begleitschiffen bereits einen Tag zuvor eingetroffen war. Bei einem Besuch der Carl Vinson kündigte der südkoreanische Verteidigungsminister Shin Won-sik gemeinsame Marineübungen mit den USA und Japan an. Damit wollten die Verbündeten ihre Entschlossenheit demonstrieren, auf Provokationen aus dem Norden zu reagieren.
Südkorea erklärte am Mittwoch zudem, eine Klausel aus einer Militärübereinkunft mit dem Norden auszusetzen, die in Zeiten der Annäherung der beiden Seiten geschlossen worden war. Die Klausel hat Kritikern zufolge die Regierung in Seoul darin beschränkt, den Norden zu überwachen, der die Vereinbarung seinerseits aber missachtete.
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