Warum der EU-Balkangipfel auch eine Botschaft an China und Russland ist
Jeder Kilometer kostet 25 Millionen Euro – damit ist die Autobahn zwischen der montenegrinischen Küstenstadt Bar und Belgrad eine der teuersten Europas. Doch gebaut und finanziert wird sie nicht von einem europäischen Unternehmen, sondern von einem chinesischen.
Der 800 Millionen Euro-Kredit, den die chinesische Exim-Bank dafür angeboten hatte, trieb das kleine Montenegro geradewegs in die chinesische Schuldenfalle.
Brücken, Autobahnen, Kraftwerke, Industrieparks – und alles für gewaltige Kredite aus China: Mit Ausnahme des Kosovo (das China nicht als Staat anerkennt) bietet sich in den Ländern des Westbalkans überall dasselbe Bild.
China hat in Europas südöstlichem Innenhof wirtschaftlich längst breit Fuß gefasst, ist ein wichtiger Investor und gewinnt dadurch auch politisch an Einfluss.
Das grüne Licht
Seit Jahren läuten in der EU deswegen die Alarmglocken – doch vor allem wegen der Bremse aus Frankreich und den Niederlanden schaute die EU lange nahezu ohnmächtig zu. Erst im März gab es schließlich grünes Licht: Mit Nordmazedonien und Albanien werden Beitrittsgespräche aufgenommen, mit Serbien und Montenegro wird bereits seit einigen Jahren verhandelt.
Als politische Gestaltungsmacht will die EU die Balkanregion wieder näher an sich ziehen – und so den Einfluss Russlands, vor allem aber Chinas wieder zurückdrängen. Lange wurde übersehen, welche geopolitische Kraftprobe da auf dem Balkan bereits im Gange ist.
Bei ihrem Videogipfel werden die 27 EU-Staats- und Regierungschefs deshalb heute, Mittwoch, den Regierungsspitzen von Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien und des Kosovo abermals versichern, wie eng Balkan und EU miteinander verbunden seien.
Der jüngste Beweis: 3,3 Milliarden Euro wurden mobilisiert, um den sechs Staaten im Kampf gegen die Corona-Pandemie beizustehen. Noch immer ist die EU der wichtigste Wirtschaftspartner der Region: Vier Fünftel ihrer Exporte gehen in die EU, zwei Drittel der Importe kommen aus der EU.
Dennoch hat sich zuletzt besonders Serbien demonstrativ in Richtung China gedreht: Das EU-Kandidatenland bat in der Coronakrise Peking um Hilfe. Doch die EU-Länder waren mit ihrer eigenen Krise beschäftigt. „Die europäische Solidarität gibt es nicht“, beklagte sich Präsident Aleksandar Vucic und holte sich Hilfe aus China. Dass Hilfe aus der EU später dann doch noch -erheblich größer - floss, fand in Belgrad hingegen kaum Erwähnung.
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