Westbalkan: Österreicher sehen EU-Erweiterung skeptisch

Albanische, EU- und nordmazedonische Flagge
Videokonferenz statt echtem EU-Balkangipfel: Unterstützung für Nordmazedonien und Albanien, aber die Österreicher bleiben laut einer jüngsten Umfrage verhalten.

Die Corona-Pandemie machte dem für Mittwoch angesetzten Gipfeltreffen zwischen der EU und den Westbalkanstaaten einen Strich durch die Rechnung. Statt einer großen Zusammenkunft in der kroatischen Hauptstadt Zagreb gibt es nur eine Video-Konferenz. Und statt die ursprünglich großen Pläne und eine weitere Strategie der vertieften Zusammenarbeit zwischen Balkanstaaten und EU zu präsentieren, gilt es zunächst die Pandemie zu meistern.

Auch die eigentlichen Feiern fallen so aus: Albanien und Nordmazedonien hatten im März nach langer Verzögerung das grüne Licht Brüssels erhalten, Beitrittsgespräche zu beginnen.

Die Österreicher sehen den Beitritten von Balkanstaaten eher skeptisch, wie die jüngste Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) nahelegt. "Kein Land in dieser Region kann, wenn es um den Beitritt zur Union geht, derzeit auf eine mehrheitliche Unterstützung der Österreicher zählen", sagt ÖgfE-Generaldirektor Paul Schmidt. Und: "Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei ist aktuell völlig vom öffentlichen Radar verschwunden:“

Am ehesten würde die Österreicher derzeit noch den EU-Beitritt von Bosnien-Herzegowihna begrüßen, 36 Prozent der Befragten wären dafür, 41 Prozent lehnen ihn  ab. 17 Prozent ist diese Frage "egal", weitere 7 Prozent geben keine Stellungnahme ab.

Ein EU-Beitritt Albaniens wird von 35 Prozent der Österreicher begrüßt, 43 Prozent sprechen sich dagegen aus. 17 Prozent äußern sich indifferent, 5 Prozent antworten "weiß nicht" oder machen keine Angabe. Die Zustimmung ist jedoch allein im Zeitraum März 2018 bis April 2020 um 12 Prozentpunkte gestiegen.

35 Prozent würden auch dafür eintreten, dass Serbien Mitglied der Europäischen Union wird. 44 Prozent sind jedoch dagegen. Mit Serbien führt die EU bereits Beitrittsgespräche, ebenso mit Montenegro. Dessen Beitritt begrüßen 24 Prozent der Befragten, aber fast doppelt so viele lehnen ihn ab.

Eine künftige EU-Mitgliedschaft Nordmazedoniens trifft bei 26 Prozent der Österreicher auf Zustimmung, 48 Prozent lehnen es ab. Ein gutes Fünftel (19 Prozent) zeigt sich indifferent, 7 Prozent geben keine Antwort.

Die größten Vorbehalte, was die Westbalkanstaaten betrifft, gibt es gegen einen möglichen EU-Beitritt Kosovos: Nur 25 Prozent sind dafür, während sich die Ablehnung auf 55 Prozent beläuft.

Und nur fünf  Prozent der Österreicher würden sich aktuell für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei aussprechen. 79 Prozent sind dezidiert dagegen. 

Etwa ein Viertel der ÖsterreicherInnen (26 Prozent) spricht sich zudem dafür aus, dass Österreich die Aufnahme der Länder des Westbalkan aktiv unterstützt. Etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) sieht dies nicht als Priorität an. Ein Fünftel der Befragten (20 Prozent) hat dazu keine Meinung.

Die  Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft vom 30. März bis 14. April im Auftrag der ÖGfE durchgeführt (Tel SWS 290). Befragt wurden österreichweit 512 Personen per Telefon. Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,3 Prozent. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte.

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