Warum auch die Slowaken und Tschechen ins Corona-Chaos stürzen

Tschechiens Übergangspremier Andrej Babiš (rechts) und  der slowakische Regierungschef Eduard Heger   
Wegen der niedrigen Impfrate verhängt die Slowakei jetzt auch einen Lockdown für Ungeimpfte.

In der Slowakei mit 5,4 Millionen Einwohnern sind nur 42,6 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Radikale Impfgegner marschierten wiederholt vor Spitälern auf und griffen bereits mehrmals das Gesundheitspersonal an. Sie ignorieren, dass die Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt sind und die Zahl der Neuinfektionen bei fast 9.000 täglich liegt. Deshalb müssen nicht notwendige Operationen verschoben werden.

Der konservative Ministerpräsident Eduard Heger verhängt ab Montag einen Lockdown für Ungeimpfte – zu ihrem eigenen Schutz, wie er verkündete. In den völlig überlasteten Spitälern sind seit Donnerstag 400 Soldaten zur Unterstützung des Gesundheitspersonals eingesetzt. Ihre Zahl soll laufend erhöht werden.

Innenminister Roman Mikulec teilte mit, die Polizei werde bei Verstößen gegen die Pandemie-Regeln „hart durchgreifen“. Der Schutz des Gesundheitspersonals habe oberste Priorität.

Die Anzahl der Neuinfektionen in der Slowakei liegt aktuell bei 8.756. Im Durchschnitt der letzten 7 Tage wurden 8.970 Neuinfektionen pro Tag erfasst.

Der Lockdown für Ungeimpfte soll die Bevölkerung jetzt endlich dazu bewegen, sich impfen zu lassen. Denn nur wer eine Erkrankung an Covid-19 seit maximal 180 Tagen überwunden hat, wird mit Geimpften gleichgestellt sein und darf sich frei bewegen. Liegt die Genesung länger zurück, gelten sie als Ungeimpfte und dürfen nur noch Lebensmittel und andere „unentbehrliche Güter“ wie Medikamente einkaufen.

Kein Lohnersatz

In einem Punkt sind die Slowaken noch unnachgiebiger als die Österreicher. Denn erst vergangene Woche hatte das Parlament in Bratislava ein Gesetz beschlossen, das es Arbeitgebern erlaubt, Mitarbeiter ohne 3-G-Nachweis auszusperren, ohne ihnen Lohnersatz zahlen zu müssen. Denn wenn kein Homeoffice möglich ist, dürfen Ungeimpfte nur mit einem aktuellen Corona-Test zur Arbeitsstelle.

Auch in Tschechien spitzt sich die Lage zu: Diese Woche wurden 22.479 Neuinfektionen an einem Tag gemeldet. Mit der Sieben-Tage-Inzidenz von 813 legt das 10,7-Millionen-Einwohnerland neben Österreich Rekordwerte vor. Nur knapp 6,2 Millionen Menschen sind vollständig geimpft, die Impfquote beträgt 58,2 Prozent.

Masken tragen ist äußerst unbeliebt. „Es gibt Fälle, dass in einem Fußballstadion, in dem 15.000 Zuschauer sind, fast keiner eine Maske trägt. Die Kontrollen am Eingang sind mangelhaft. Jedem dürfte klar sein, dass dies nicht ideal ist und sich daraus nichts Gutes ergeben kann“, sagte der Epidemiologe Rastislav Madar im tschechischen Fernsehen.

Doch es hilft nicht. Die Neuinfektionen nehmen zu. In den Krankenhäusern werden aktuell mehr als 4.400 Corona-Patienten behandelt, von denen sich mehr als 660 in einem ernsten Zustand befanden. Am stärksten betroffen sind derzeit die östlichen Verwaltungsregionen Mährisch-Schlesien und Olomouc (Olmütz). Darum werden seit dieser Woche auch wieder 900 Soldaten als Hilfskräfte im Pflegedienst eingesetzt. Schultestungen wie in Österreich gibt es nicht, erst am 22. und am 29. November sollen Kinder erstmals getestet werden. Susanne Bobek

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