Warnung vor explodierenden Corona-Zahlen: Merkel will Maßnahmen verschärfen

German cabinet committee on Combating Right-Wing Extremism and Racism
Die deutsche Kanzlerin warnt angesichts steigender Infektionen im Land und berät mit den Länderchefs über strengere Maßnahmen für die kühle Jahreszeit

Eine positiv getestete Urlaubsrückkehrerin, die sich nicht isolierte, sondern  feiern ging und halb Garmisch-Partenkirchen infizierte. Oder eine Geburtstagsfeier in Bielefeld, wo sich 36 Gäste ansteckten – und nun  1.700 Menschen in Quarantäne sind. "Die Menschen stecken sich derzeit hauptsächlich im privaten Umfeld an, also auf Partys, Hochzeitsfeiern, Beerdigungen, auch im Gottesdienst", erklärte Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts, in der Welt am Sonntag.

Genau deshalb möchte der Bund gegensteuern - auch mit Blick auf die Zahl an Neuinfektionen, die generell ansteigen sowie die tieferen Temperaturen, wenn sich die Menschen wieder mehr drinnen aufhalten und Abstand halten schwierig wird.

Private Party-Obergrenze empfohlen

So wird empfohlen private Feiern auf maximal 25 Teilnehmer zu beschränken – in Österreich sind es zehn Personen. In öffentlichen Räumen könnte die Beschränkung bei max. 50 Teilnehmern liegen. Dies gelte, wenn in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner auftreten. Da eine verpflichtende Party-Obergrenze unter den Länderchefs umstritten ist, bleibt es eine Empfehlung und ist keine Vorschrift.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzte zum Auftakt der Gespräche einen verbalen Schreckschuss ab: "Wenn es so weitergeht, mit dem Trend, haben wir an Weihnachten 19.200 Infektionen am Tag", soll sie in einer Sitzung des CDU-Präsidiums gesagt haben. Woher sie die Zahl hat, ist nicht überliefert.

Lockdown vermeiden

Bekannt ist dagegen ihre Sorge: Deutschland ist bisher gut durch die Krise gekommen. Die promovierte Physikerin  bagatellisierte nichts, anders wie ihre Amtskollegen in den USA und Großbritannien, und fährt einen vorsichtigen Kurs. "Es ist ernst, nehmen Sie es auch weiterhin ernst", sagte sie den Deutschen auch über den Sommer hinweg. Im Vergleich zu anderen Ländern gab es moderate Maßnahmen, keine Ausgangssperren. Einen Lockdown will man vermeiden – auch, um einen wirtschaftlichen Kollaps zu verhindern und die Betreuung  und den Unterricht in Schulen und Kindergärten aufrechtzuerhalten.

Bußgeld von 50 Euro bei Falschangabe

Also versucht man, einen Mittelweg zu finden. Um das Infektionsgeschehen in der Gastronomie einzuschränken, wurde auch darüber debattiert, in besonders betroffenen Regionen die Alkoholausschank zeitlich zu begrenzen. Wer in Restaurants künftig falsche Namen angibt, soll 50 Euro Strafe zahlen. Unklar ist, wie das kontrolliert werden soll. Ähnlich verhält es sich beim Personal in der Bahn oder Öffis – nicht jeder hat Lust, mit Maskenverweigerern zu diskutieren.

Berlin: Maskenpflicht im Büro

An der Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, ändert sich nichts. Sie wurde nie aufgehoben, wobei es regionale Unterschiede gibt, ob sie in Öffis, Supermärkten oder in beiden gilt. Berlin beispielsweise führt nun eine allgemeine Maskenpflicht in Büro- und Verwaltungsgebäuden. Beim Arbeiten am Schreibtisch soll die Regelung nicht greifen, wie es hieß.

Bund und Länder haben zudem angesichts der beginnenden Herbstferien an Bürgerinnen und Bürger appelliert, Reisen in Risikogebiete zu unterlassen. Zudem wollen sie mehr Schnelltestverfahren einführen und damit die bisherige Teststrategie erweitern.

Söder will sich mit Kanzler Kurz beraten

Angesichts der steigenden Neuinfektionszahlen in Österreich will Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Kürze mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über alle drängenden bilateralen Corona-Fragen beraten. Er wolle Kurz dazu „demnächst“ treffen, sagte Söder am Dienstag nach einer Schaltkonferenz der deutschen Länder-Regierungschefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin.

Söder verwies auf steigende Corona-Zahlen in Österreich, die Ausweisung von Tirol als neues Risikogebiet - und die zahlreichen Pendler zwischen Bayern und Österreich. Der Freistaat halte an seinen lokalen Corona-Teststationen fest - dadurch gebe es die Möglichkeit, durch schnelles Testen reagieren zu können. Das setze man fort. Man brauche aber auch noch eine „Ergänzung für den Grenzverkehr“, sagte Söder auch in Hinblick auf die geplante neue Teststrategie des Bundes.

 

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