Präsident Johannis ernannte daraufhin den amtierenden Verteidigungsminister Nicolae Ciuca (parteifrei) zum geschäftsführenden Regierungschef.
Hochrechnungen sehen die oppositionellen Sozialdemokraten mit knapp 30 Prozent klar vorn. Der Abstand zur bisher regierenden liberalen PNL Orbans beträgt mehr als 5 Prozent.
Rechtsradikale punkten
Dazu kommt, dass die Ultra-Nationalisten von der Alianta pentru Unirea Romanilor - Allianz für die Vereinigung der Rumänen, kurz AUR, mit mehr als 8 Prozent ins Parlament einziehen. Die Partei vertritt nicht nur eine klare Anti-EU-Linie, sondern auch eine eindeutig rechtsradikale, minderheitenfeindliche Politik.
Wenig handlungsfähig
An die Regierung dürften die Sozialisten trotzdem nicht kommen. Orban hat genügend Möglichkeiten, eine Koalition zusammenzuflicken. Wirklich handlungsfähig dürfte die allerdings nicht werden. Schon als Chef der Minderheitsregierung, die ein Jahr an der Macht war, hatte Orban große Reformen - etwa in der Justiz - versprochen und nichts davon einhalten können. Wegen seines obendrein schlechten Corona-Managements und der hohen Infektionszahlen im Land wird Orban spöttisch »Lucovid« genannt.
Korruptionsskandale
Die zuvor regierende sozialdemokratische PSD, die Nachfolgerin der einstigen kommunistischen Machthaber, war ja nach ausufernden Korruptionsskandalen über ein Misstrauensvotum gestürzt. So musste Parteichef Liviu Dragnea, seit vielen Jahren einer der mächtigsten Männer des Landes, wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder ins Gefängnis.
Soziale Versprechen
Die Koalitionsgespräche könnten noch am Montag beginnen und dürften nicht lange dauern. Orbans Partei hat vier potenzielle Koalitionspartner. Wieder verspricht er einer ausufernden
Staatsverschuldung entgegensteuern und hat unter anderem versprochen, die schwer finanzierbare Anhebung der Pensionen um 40 Prozent zu stoppen. Dass solche Ansagen im ohnehin in Armut versinkenden Rumänien nicht gerade populär sind, hat diese Wahl ohnehin klar demonstriert. Die Sozialdemokraten hatten erneut großzügige soziale Versprechen abgegeben, also Pensions- und Lohnerhöhungen, und konnten damit klar punkten. Dass auch sie während ihrer Regierung kaum anderes taten, als sich selbst zu bereichern, kümmerte die Wähler offensichtlich wenig.
Abgestimmt wird mit den Füßen
Doch die jungen Rumänen haben ohnehin längst eine andere Entscheidung getroffen. Sie verlassen das Land. Etwa vier Millionen der insgesamt 19 Millionen Rumänen arbeiten zeitweilig oder ganz im Ausland.
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