Wahlen in Israel: Netanyahu ist Favorit

epa03067120 Israel's Prime Minister Benjamin Netanyahu (R) and his wife Sara (L) leave the Huis ten Bosch Royal Palace in The Hague, The Netherlands, where they have been received by Dutch Queen Beatrix on 19 January 2012. Netanyahu is on an official visit to The Netherlands. EPA/ROBIN UTRECHT
In Israel zeichnet sich beim Urnengang am Dienstag eine Mehrheit für Likud und die Rechten ab.

Israels Wähler haben sich für Benjamin Netanyahu, ihren „Bibi“, entschieden. Die Statistiker sind da eindeutig. Für die Wähler ist er nicht das geringste Übel unter den Kandidaten, sondern das bekannteste: Im Wahlkampf ein Falke, der mit Ängsten spielt. Im politischen Alltag eher ein Bluffer und Zauderer. Seine Wähler haben Angst: Vor den politischen Umwälzungen in den Nachbarstaaten, iranischen Nuklear-Drohungen und grauen Wirtschaftswolken. Netanyahu hat Angst vor den Wählern.

Er sieht bereits das Dilemma, das auf ihn zukommt. Die Statistiken sagen eine Mehrheit für Likud/Rechts voraus. Für den Statistik-Fetischisten Netanyahu ein Albtraum: Eine Koalition, an deren linken Rand nur sein Likud stehen würde. In den Wahlen warb er mit der Befestigung der Grenzanlagen. Vor der Welt und auch in Israel nach den Wahlen möchte er nicht als Beton-Politiker stehen.

In Israel Wahlen gewinnen und gegen Irans Nuklearpläne internationale Unterstützung gewinnen – dazu muss Netanyahu sich zwei verschiedene Paar Schuhe anziehen.

Poker

Gegen Netanyahu treten (mindestens) drei Herausforderer von links an. Ohne abgestimmtes Programm bekämpfen sie sich untereinander. Vorgänger Ehud Olmert blieb in seinem Korruptionsprozess vor Gericht stecken. Wäre er als Herausforderer gegen „Bibi“ angetreten, hätten die Statistiker jetzt einen interessanteren Job.

Beide gelten in den Augen der Wähler als erfolgreiche politische Poker-Spieler. Sogar aus dem politischen Abseits trat Olmert zielsicherer in die Weichteile des Premiers, als alle antretenden Kandidaten zusammen: Mehr als zwei Milliarden Euro habe Netanyahu in seinen Amtsjahren militärisch verschwendet: „Für verrückte Abenteuer, die niemals zur Durchführung kamen oder noch kommen.“ Mehr als eine Anspielung auf Netanyahus Iran-Strategie. Keiner der antretenden Kandidaten könnte einen solchen Vorwurf äußern, ohne als Kollaborateur zu gelten.

Sarahs Intrigen

Auch das Wiederaufwärmen alter Klatschgerüchte um Netanyahus schillernde Frau Sarah zieht kaum noch bei den Wählern. Naftali Bennet, der neue aufsteigende Stern am rechten Himmel, gilt sogar als direktes Opfer einer ihrer Intrigen. Doch Bibis Ex-Vertrauter hüllt sich dazu in Schweigen. Wie Israels Kabarett-Texter weiß er: Die Masche Sarah ist abgelaufen. Umso schlimmer, wenn Politiker aus der Mitte und von links nicht einmal die sozialpolitischen Schwächen des amtierenden Premiers auszunutzen wissen. Trotz unerwarteter Hilfe in der letzten Woche: Israels Haushaltsdefizit steht durch unerwartet niedrige Steuereinnahmen vor einem neuen Rekordhoch, wurde bekannt.

Zu spät, die Wählermeinung zu beeinflussen. Doch schon jetzt zeichnen sich die Probleme der nächsten Regierung ab: Netanyahu war nicht bereit, die Erhöhung Israels ohnehin horrender Steuersätze auszuschließen. Sozial-Streichungen stehen erneut an. 2012 konnte eine Wiederholung der sommerlichen Sozialproteste von 2011 verhindert werden. Im nächsten Sommer könnte es die Polizei auch mit Gummiknüppeln schwer haben.

Als Sozialpolitiker hat Netanyahu versagt: Die Krise des Mittelstandes, Israels starre, sogar oligarchische Wirtschaftsstrukturen wie auch der Abbau des Sozialstaates – kein Versprechen wurde eingehalten. Unverändert sind auch die undurchsichtigen Ausgaben seiner Siedlungspolitik. 2012 blieb dies durch Teilerfolge früherer Wirtschaftspolitik überlagert. Schon jetzt begründen die meisten Nichtwähler ihre Verweigerung mit ihrem Misstrauen in Netanyahus Sozialpolitik. Soll heißen: Potenzielle Rechtswähler haben gelernt, dass ihr Bibi vor den Wahlen anders aussieht, als danach. Darum zieht es sie nicht zur Urne, wenn der Konflikt mit den Palästinensern nur ein Randthema ist. In diesem Hohlraum der Nichtwähler verläuft Israels alte ideologische Grenze zwischen links und rechts etwas verschwommen. Doch dort, wo sie immer lag – genau in der Mitte.

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