Trump-Wähler: "Wählte den Feind meiner Feinde – Politiker"

Pennsylvania hat sich nach 25 Jahren wieder für einen Republikaner entschieden. Die Arbeiter in den heruntergewirtschafteten US-Industrieregionen wissen genau, warum.

Die Sache mit Trump, die haben die Genossen von der Gewerkschaft Brian lange übel genommen. Im Kohlebergwerk, da gab’s keine Republikaner – und wenn, dann erfuhren die anderen Kumpel nichts davon. Die Stimme für die Demokraten bei der Wahl, die wurde von Generation zu Generation weitergereicht, so wie der Job in der Mine von Waynesburg, Kernland von Bergbau und Schwerindustrie in Pennsylvania.

Trump-Wähler: "Wählte den Feind meiner Feinde – Politiker"
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Warum es Brian trotzdem gemacht hat, kann der heute 55-jährige Frühpensionist, der 30 Jahre unter Tag und drei Herzinfarkte hinter sich hat, schnell erklären: "2008, als Obama kam, da haben wir alle hier auf den Neuanfang gewartet, den er versprochen hatte. 2012 haben wir ihn noch einmal gewählt – und immer noch ist nichts passiert: keine neuen Jobs, keine neuen Straßen, nichts. Dann war mir klar, dass ich mich jetzt für jemand anderen entscheide." Brian war nicht der Einzige. Die meisten Trump-Wähler hier waren eingeschriebene Demokraten. Schon bei den Vorwahlen der Republikaner standen sie auf einmal Schlange vor den Wahllokalen. Sie sicherten damals schon Trump den Sieg – und jetzt haben sie es wieder getan. Drei von vier weißen Arbeitern haben in Greene County den Milliardär gewählt, Pennsylvania zum ersten Mal nach 25 Jahren umgedreht.

In diesen Hügeln, die entweder grünes Bauernland oder schwarze Kohle-Abraumhalden sind, war man immer auf zwei Dinge stolz, auf die Urahnen aus Deutschland und auf den Fleiß, den man von ihnen geerbt hatte. "Wochenende in der Mine vor Weihnachten – keine Frage, hat ja echt Geld gebracht", erinnert sich Brian an seine Zeit, als er Überstunden noch dutzendweise abgehakt hat.

"War gutes Geld"

War wirklich gutes Geld, das hört man bei jedem Gespräch mit einem der Kohlearbeiter hier. "100.000 Dollar pro Jahr, das musst du einmal mit Anfang 20 in der Tasche haben", erzählt Josh über seine Anfänge in der Mine, "und das alles ohne College-Abschluss und nach einer Woche Training." Den College-Abschluss, den holt er jetzt nach. Er hätte sogar einen Job in einer der wenigen noch offenen Minen in der Gegend haben können, "aber wer weiß, wie lange das noch geht".

Dass Trump die Kohlebergwerke wieder aufsperren will, es im Wahlkampf immer und immer wieder versprochen hat, das hat hier Hoffnung gemacht. Um aber an Wunder zu glauben, dafür hat man in dieser Region schon zu viel triste Realität inhaliert. Aber wenigstens eine faire Chance auf eine Zukunft will man wieder bekommen – und die, da ist man sich hier einig, ist Obama ihnen schuldig geblieben.

Fracking als zweite Chance

Vielmehr habe der Präsident dieser Region den Neuanfang, die zweite große Chance, versaut. In den riesigen Kohlevorkommen der Gegend stecken auch jede Menge Erdgas und Erdöl, und das begann man ab 2005 mit der "Fracking"-Methode aus dem Boden zu spülen. "Jede Woche haben die eine neue Bohrstation aufgestellt, und gegraben haben sie rund um die Uhr", erinnert sich Brian an den jüngsten Boom in Greene County. Einen Lkw-Verleih hat er damals aufgezogen. Ein Riesengeschäft sei das gewesen, mit all den Erdöl-Glücksrittern, die aus dem ganzen Land hierher kamen, um zu bohren. Noch heute trifft man in "Tom’s Bar" an der Ortsausfahrt Ölarbeiter aus Louisiana oder Texas.

Job-Killer Klimaschutz

Die meisten aber sind wieder abgezogen, haben nur die verrosteten Bagger und die verwaisten Plattformen in der Landschaft hinterlassen. Der Absturz der Öl- und Gaspreise hat das Geschäft unrentabel gemacht.

Doch so einfach will man die Politiker nicht davonkommen lassen. Obamas Klimaschutz-Regeln hätten alles obendrein blockiert. "Wer investiert denn noch bei uns", ärgert sich Josh, "wenn er nicht weiß, ob das alles morgen nicht wieder zusperren muss". Zumindest diesen ganzen Klimaschutz, den werde der Geschäftsmann Trump sicher aus dem Weg räumen. Schlechtes Gewissen hätte man deshalb in Greene County sicher nicht, und Josh hat auch einen guten Grund dafür: "Ist es besser, wenn die Chinesen die Kohle verheizen und uns den Stahl verkaufen."

Dass die politische Logik in Washington mit dem echten Leben in Waynesburg nicht viel zu tun hat, das weiß man ohnehin aus eigener Erfahrung. Vor gerade einmal zwei Wochen hat das Weiße Haus eingestanden, dass die Gesundheitsreform "Obamacare" im nächsten Jahr die Beiträge für die Krankenversicherung erhöhen müsse: Für Arbeiter wie Josh ein schlechter Witz. Seine Beiträge sind längst gestiegen, und zwar um ein paar Hundert Dollar pro Monat. Die Frage also, warum er Trump gewählt habe, grinst der 27-Jährige schadenfroh, sei damit wohl beantwortet: "Ich habe einfach den Feind meiner Feinde gewählt – und das sind die Politiker."

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